Wenn Kinder in der Schule fluchen, sich verweigern, nicht auf Anweisungen der Lehrperson hören oder in Konflikte mit anderen geraten, wird unterrichten schwierig. Mit derartigen Verhaltensweisen sind die meisten Lehrpersonen konfrontiert und bisweilen stark gefordert. Denn seit bald 20 Jahren gilt im Kanton Zürich, dass möglichst alle Kinder in eine Regelklasse integriert werden sollen. Besonders herausfordernd ist dies bei Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten. In ihrer Zeit als Klassenassistenz hat Lorena Schwager das Konzept der Schulinsel kennengelernt und als sehr entlastend erlebt. Störende Schüler:innen können kurzfristig dort Zeit verbringen und sich unter Aufsicht einer anderen Lehrperson beruhigen, ihr Verhalten reflektieren und am Schulstoff arbeiten. In ihrer Bachelorarbeit mit dem Titel «Schule als integratives Konzept» hat sich die Studentin der Primarstufe vertieft mit diesem Angebot auseinandergesetzt.
Nach einer Recherche in der Fachliteratur hat die Autorin ein Interview mit einem Schulleiter geführt, an dessen Schule seit vier Jahren eine Schulinsel besteht. Danach hat sie das Gespräch transkribiert und anhand der vier Kriterien Integration, Belastung, Verantwortung und Erfolg codiert. Dafür hat sie sich mit zwei Personen aus dem Bildungs- und Sozialbereich zu einer Forschungsgruppe zusammengetan. Wie der befragte Co-Schulleiter erzählt, war das Team zuvor an einem Punkt angelangt, an dem die Situation nicht mehr tragbar war. Die Lehrpersonen seien gestresst gewesen und man habe bei einigen Schüler:innen das Gefühl gehabt, sie nicht mehr tragen zu können. «Als wir die Insel einführten, ging das plötzlich wunderbar», sagt der 50-Jährige, der in einem städtischen Primarschulhaus mit 55 Lehrpersonen und rund 500 Schüler:innen arbeitet. Die Schule setzte eine Lehrperson ein, die hauptsächlich im Teamteaching arbeitet und jederzeit angerufen werden kann. Sie holt Störenfriede im Klassenzimmer ab oder erwartet sie in einem Extraraum. «Klar ist es eine separative Massnahme», räumt der Befragte ein. «Aber Ziel ist immer die schnelle Reintegration.» Dies scheint in den meisten Fällen auch zu gelingen: 80 Prozent der Kinder benötigen die Lösung nur ein- oder wenige Male. Nach dem dritten Mal werden die Eltern informiert. Wünschenswert fände der Schulleiter, wenn die Aufgabe von einer Person mit Zweitausbildung in Sozialpädagogik wahrgenommen würde.
Ihre Bachelorarbeit wurde von der Stiftung Pestalozzianum mit dem diesjährigen Studienpreis in der Kategorie Dialogpreis ausgezeichnet. Hier werden Themen gewürdigt, die einen substanziellen, handlungsbezogenen Beitrag zur aktuellen bildungspolitischen Diskussion leisten. Die Autorin ist zum Schluss gekommen, dass Schulinseln die Disziplinarfälle reduzieren können und die Integration stärken. Jede Schule müsse jedoch selber entscheiden können, welche Lösung für sie die richtige sei, hält Lorena Schwager fest: «Integration braucht ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen, welche schulspezifisch verwendet werden können.»