Der Briefroman feiert ein Comeback und schlägt mit digitalem Pingpong ein zeitgemässes Tempo an. Daniel Glattauers E-Mail-Romanze «Gut gegen Nordwind» hat es inzwischen ins Kino und zu Netflix geschafft (Vanessa Jopp, 2019).
Ein schonungslos ehrlicher Briefwechsel, so heisst es in «Zwischen Welten» von Juli Zeh und Simon Urban, sei eine interessante Sache, man lerne eine Menge über sich selbst und die anderen (Luchterhand, 2023). Das gilt, wie der unzimperliche Titel vermuten lässt, auch für «Liebes Arschloch» von Virginie Despentes (Kiepenheuer & Witsch, 2023). Da wie dort nehmen die Figuren kein Blatt vor den Mund und verhandeln persönliche Midlife-Krisen und gesellschaftliche Themen unserer Zeit mit gnadenloser Direktheit.
Ebenso frisch und frech, aber weniger abgeklärt klingt es in Holly Goldberg Sloans und Meg Wolitzers turbulentem Jugendroman «An Nachteule von Sternhai» (Hanser, 2019). «Ich kenne dich nicht», beginnt die abenteuerlustige Bett ihre Mail an die altkluge und von Lebensängsten geplagte Avery. «Aber ich schreibe dir trotzdem.» Tatsächlich dreht sich zu Beginn alles darum, dass die zwölfjährigen Girls nichts miteinander zu tun haben wollen. Nur weil ihre alleinerziehenden Väter sich ineinander verliebt haben, muss das noch lange nicht bedeuten, dass die beiden Töchter sich kennenlernen und gleich Schwestern werden wollen. Ein fulminanter Auftakt, der hält, was er verspricht.