Eine Mutter deckt den Lehrer mit einem Redeschwall ein, sodass es kaum gelingt, das Gespräch auf die Konzentrationsschwierigkeiten der Schülerin zu lenken. Oder ein Elternpaar ist mit der Unterrichtsmethode der Klassenlehrperson nicht einverstanden. Mit schwierigen Elterngesprächen haben die meisten Lehrpersonen schon Erfahrungen gemacht. Um sich auf diese Herausforderung vorzubereiten, hat sich Vjollca Borova in ihrer Bachelorarbeit anhand einer Literaturrecherche mit diesem diffizilen Thema befasst.
Zu ihrer Themenwahl hat auch eine private Erfahrung beigetragen: In ihrer Verwandtschaft hörte sie, dass ein Vater in einem Elterngespräch so wütend wurde, dass er einen Stuhl umkippte. Zuerst einmal sei es wichtig, dass Lehrpersonen die gesetzlichen Bestimmungen kennten, hält die Autorin fest. Diese gestehen Eltern Mitwirkungsrechte bei Schullaufbahnentscheidungen und sonderpädagogischen Massnahmen zu, nicht jedoch bei der Notengebung sowie Weisungen im Schulalltag. Stört das Verhalten eines Kindes die Klassengemeinschaft, darf die Lehrperson zudem erzieherisch tätig werden. Weiter sei eine gute Vorbereitung hilfreich, schreibt die Autorin. Dazu gehört, das Gespräch gut zu strukturieren mit einer Aufwärmphase, der Klärung des Anlasses für das Treffen sowie der Definition von Zielen und Lösungsmöglichkeiten. Lehrpersonen sollten nicht nur auf die Probleme fokussieren, sondern sich auch Gedanken zu den Stärken des Kindes machen. Besonders bei Familien aus anderen Kulturkreisen können eigene belastende Schulerfahrungen Angst und Minderwertigkeitsgefühle auslösen. Kommt es zu Aggressionen, habe dies oft nicht viel mit der Lehrperson selbst zu tun, sondern mit ihrer Rolle, die mit Macht verbunden wird, hat die Autorin erkannt. Wer sich dies bewusst mache, könne den Eltern eher mit Empathie gegenübertreten. Beschimpfungen seien aber klar nicht zu akzeptieren.
Auch für Elterngespräche kann das bekannte Vier-Ohren-Gesprächsmodell des Kommunikationspsychologen Schulz von Thun nützlich sein. Dieses besagt, dass Missverständnisse oft entstehen, weil wir sozusagen mit dem falschen Ohr hören, also zum Beispiel eine sachlich gemeinte Aussage als Appell oder Beziehungsdefinition verstehen. Als günstig wird generell erachtet, in der Form von Selbstmitteilungen statt Appellen zu sprechen. Es gelte, ein Gespür dafür zu entwickeln, auf welcher Ebene die Eltern kommunizierten, um das Gespräch schnell wieder auf die Ebene zu bringen, die für eine Zusammenarbeit zugunsten des Kindes förderlich sei, schreibt die Primarstufe-Studentin. Auch der Wechsel auf die Metaebene sei oft hilfreich. Vjollca Borova hat ihre Ausbildung letztes Jahr abgeschlossen und unterrichtet nun eine Aufnahmeklasse an der Primarschule Adliswil. Bei Kontakten mit den Eltern führe die Sprachbarriere oft zu Missverständnissen, sagt die Lehrerin. Doch die bisherigen Elterngespräche seien zum Glück friedlich verlaufen. «Die Anwendung des Vier-Ohren-Modells hilft, dass es gar nicht erst zu Konflikten kommt.»