
In der Berufsbildung zeigt sich die Relevanz sprachlicher Kompetenzen und Kommunikationsfähigkeiten. Die Dringlichkeit für eine adäquate Unterstützung an sämtlichen Lernorten steigt. Die PH Zürich bietet Hand mit einer Reihe von vielfältigen Weiterbildungsangeboten.
Sprachförderung in der Berufsbildung findet in der Schule, im Betrieb der Lernenden sowie in den überbetrieblichen Kursen (üK) statt. Sie ist ein zentrales Anliegen, um den unterschiedlichen Ansprüchen im Beruf, aber auch im Privatleben gerecht zu werden. Doch wie gehen Berufsbildungsverantwortliche mit der Vielfalt an Sprachen und sprachlichen Fähigkeiten der Lernenden um? «Adressatengerechte Kommunikationsfähigkeiten gehören zu den wichtigsten Kompetenzen der Gegenwart. Die Förderung von Sprachkompetenzen gelingt insbesondere dann, wenn an der individuellen Lebens- und Arbeitswelt und am gegenwärtigen Kompetenzstand der Lernenden angesetzt wird», sagt Daniel Degen. Er ist Leiter des Zentrums für Berufs- und Erwachsenenbildung an der PH Zürich. Für ihn stellt die Berufsbildung mit ihren drei Lernorten ein grosses Potenzial dar, um betriebliche Prozesse als Grundlage für das Erlernen der Sprache zu nutzen und damit Sinnhaftigkeit sowie Nachhaltigkeit zu erreichen.
Deutsch vermitteln an der Berufsschule
Lehrpersonen können nicht einfach ein standardisiertes Programm herunterspulen. Sie müssen sich individuell auf ihre Klassen und die Fähigkeiten der einzelnen Lernenden einstellen. «Ich möchte ein optimales Lernsetting schaffen, das für die Klasse im Moment passend ist», betont die Lehrerin für Allgemeinbildenden Unterricht (ABU) Tina Sander.
Im Unterricht an der Berufsschule Mode und Gestaltung in Zürich wendet sie unterschiedliche Lernmethoden an. Dies in der Rolle als Lerncoach, um Lernende individuell zu begleiten. Oder indem sie eine Anleitung zum Tandemlesen verwendet: Zwei Lernende mit unterschiedlichen Sprachniveaus arbeiten hierbei zusammen, um sich gegenseitig zu fördern und zu helfen. Darüber hinaus arbeitet Tina Sander mit Gruppen, um Lernende miteinander ins Gespräch zu bringen, die sonst nicht viel miteinander zu tun haben. «Auch in der Berufswelt muss man lernen, mit unterschiedlichen Menschen zusammenzuarbeiten», ergänzt Tina Sander. Die Vielfalt und Dynamik gefällt ihr an ihrer Arbeit. Sie möchte dabei auch die Freude an der deutschen Sprache vermitteln oder diese attraktiv machen. «Deutsch in der Schule wird immer wieder mit negativen Erinnerungen verbunden, insbesondere bezüglich der Rechtschreibung. Die Lernenden kommen oft in die Berufsschule mit dem Gefühl, in Deutsch nicht gut zu sein. Die Herausforderung ist es, diesen Rucksack an schlechten Erfahrungen zu leeren, auf Reset zu stellen und positive Lernereignisse zu schaffen.» Der ABU-Unterricht ermöglicht Tina Sander, die Sprache und Kommunikation mit gesellschaftlich relevanten Themen zu verbinden. Denn mit Sprache gehen Schlüsselkompetenzen nicht nur für die Berufswelt, sondern für das Leben im Allgemeinen einher – sei dies für ein Bewerbungsgespräch, in der Kommunikation bei einem Verkaufsgespräch oder beim Abschliessen eines Mietvertrages.
Deutsch im Lebens- und Lernkontext
«Akzente» hat eine Lehrperson an der Allgemeinen Berufsschule Zürich (ABZ) besucht. Auf dem Tisch liegt der «Pauli», das grosse Lehrbuch der Küche im Umfang von 720 klein geschriebenen Seiten Fachdeutsch für Köch:innen. Davor sitzt Okbay F., derzeit im zweiten Lehrjahr zum Küchenangestellten EBA an der ABZ. Er kommt aus Eritrea und ist seit sechs Jahren in der Schweiz.
Okbay F. tut sich schwer mit dem Lernen der deutschen Sprache. Zum einen soll er generell Basiskenntnisse für Deutsch als Zweitsprache aufbauen. Zum anderen soll er die komplexe Fachsprache seines Berufs erlernen. «Das Leben in der Schweiz ist nicht schwierig. Aber wenn man nicht gut deutsch sprechen kann, ist es schon etwas anstrengend», sagt er im Gespräch.
Okbay F. wird unterstützt von Peter Rütschi, Berufsschullehrer an der ABZ. Er leitet je zwei Klassen für Köch:innen EFZ und für Küchenangestellte EBA sowie eine Klasse für die Integrationsvorlehre. Daneben coacht und begleitet er die Lernenden im Rahmen der fachkundigen individuellen Begleitung (FiB). Dabei geht es einerseits um Sprachförderung, andererseits darum, wie das Lernen und die Schule in der Schweiz funktionieren. Neben den Herausforderungen der Fachsprache eröffnen sich hier auch kulturelle Hürden. Die Themen der Coaching-Gespräche sind vielfältig. «Ich lege Wert darauf, dass das Coaching ausserhalb der normalen Unterrichtszeiten stattfindet. Es geht darum, einen neutralen unbehafteten Rahmen zu schaffen. Nur so entstehen ein offenes konstruktives Gespräch und letztlich auch das Vertrauen, um die Lernenden in ihrem Lernprozess, aber auch in ihrer Persönlichkeit auf Augenhöhe zu begleiten.» Dies zeigt, beim Coaching geht es neben Lernschwierigkeiten im Rahmen der Sprachförderung ebenso um Herausforderungen, die im Betrieb und auch im Privaten aufkommen. Hier ist Sensibilisierung gefragt und gerade im direkten Ansprechen nimmt der Coach eine wichtige Rolle ein.
Sprachförderung bedeutet, auf Berufsfelder, Kompetenzen und Interessen Rücksicht zu nehmen sowie die Ziele der Bildungs- und Schullehrpläne zu berücksichtigen. Dabei muss Sprache an sämtlichen Lernorten didaktisch adäquat, ideenreich, handlungs- und gleichzeitig zielorientiert gefördert werden. Die PH Zürich unterstützt Lehrpersonen und Schulteams an Berufsfachschulen sowie Berufsbildungsverantwortliche bei dieser zentralen Aufgabe.