Künstliche Intelligenz – mit Maschinen in der Schule lernen

Sogenannte Chatbots wie beispielsweise die Anwendung ChatGPT können nach Eingabe eines in «natürlicher» Sprache formulierten Befehls automatisiert Texte schreiben. Foto: Alliance – stock.adobe.com

Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde, ein regelrechter Hype ist um die Technologie entbrannt. Mit riesigen Datensätzen trainierte Algorithmen versprechen uns Aufgaben abzunehmen, die wir bislang für nicht automatisierbar hielten – auch in der schulischen Bildung.

Mit sogenannten Learning Analytics können Daten, die Lernende auf Lernplattformen erzeugen, so ausgewertet werden, dass Lehrpersonen Probleme von Schülerinnen und Schülern frühzeitig erkennen und gegebenenfalls intervenieren können. So kann etwa ein bestimmtes Muster der Logins (Häufigkeit des Einloggens, Zeitpunkt) auf die Gefahr hinweisen, mit einer ungenügenden Note abzuschliessen. Als Grundlage von adaptiven Lernsystemen hilft KI dabei, die Schwierigkeit von Aufgaben an das Niveau der Lernenden anzupassen und passende Rückmeldungen zu erzeugen. Sprachassistenten sind dank neuer Entwicklungen im Bereich der Spracherkennung in der Lage, Aussprache und Grammatik der Schülerinnen und Schüler zu beurteilen. Auch Freitextaufgaben und Aufsätze können nun automatisch bewertet werden.

In europäischen Schulen ist dies alles zwar noch grösstenteils Zukunftsmusik, in anderen Ländern ist man hier aber schon weiter. In den USA setzen beispielsweise schon mehr als zwanzig Bundesstaaten KI ein, um Freitextaufgaben in standardisierten Tests auszuwerten. Und in China erprobt man die Nutzung von KI zur Echtzeitauswertung der Aufmerksamkeit von Schulklassen mittels Gesichtserkennung.

KI verantwortungsvoll nutzen
KI weckt in der schulischen Bildung zahlreiche Hoffnungen. Trotz einer hohen Zahl von Schülerinnen und Schülern können Bildungsangebote individualisiert und äusserst effizient dargeboten werden. Lehrpersonen werden entlastet und gewinnen Zeit, die sie in die Betreuung und Begleitung einzelner Kinder investieren können. Und schulische Beurteilung kann nun – so das Versprechen der Anbieter – endlich objektiv und gerecht erfolgen.

Gleichzeitig lassen sich auch Risiken ausmachen. Bei einer unzureichenden Begleitung durch Lehrpersonen können adaptive Lernsysteme dazu führen, dass die Kluft zwischen leistungsstarken und leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern grösser wird. Manche fürchten eine Abwertung des pädagogischen Berufs, wenn KI plötzlich Aufgaben übernimmt, die zum Kerngeschäft der Lehrpersonen zählen. Auch das Bild einer objektiven und gerechten Beurteilung durch die KI erhält Risse. Denn die Daten, mit denen die Entwickler:innen die Algorithmen trainieren, sind letztlich durch Menschenhand korrigierte Aufgaben und enthalten dementsprechend subjektive und damit fehlbare Urteile.

Umso wichtiger ist deshalb, dass Lehrpersonen und andere Bildungsfachpersonen die neue Technik mit all ihren Möglichkeiten und auch Grenzen in Grundzügen verstehen und einordnen können. Denn Lehrerinnen und Lehrer werden früher oder später mit KI in ihrer beruflichen Praxis zu tun haben, wie verschiedene nationale wie internationale Strategiepapiere nahelegen. Es gilt Lehrpersonen so aus- und weiterzubilden, dass sie kompetent und verantwortungsvoll mit KI umgehen, um die Potenziale gewinnbringend auszuschöpfen. Hilfreich sind hier Leitlinien zum verantwortungsvollen Einsatz von KI in der Bildung, wie sie etwa die Europäische Kommission jüngst veröffentlicht hat.

ChatGPT: Das Ende der Hausaufgabe?
Was bringt die Zukunft? Jüngst sorgt ChatGPT für viel Aufsehen. Die Anwendung kann nach Eingabe eines in «natürlicher» Sprache formulierten Befehls automatisiert Texte schreiben. So beantwortet ChatGPT beispielsweise selbstständig Textaufgaben in unterschiedlichen Sprachen und schreibt Schulaufsätze zu den Leiden des jungen Werther. Die Ergebnisse sind verblüffend und können von durch Menschenhand geschriebenen Texten kaum unterschieden werden. Das Schulfeld muss sich dementsprechend darauf einstellen, dass klassische Unterrichtsformate und Prüfungsformen unter Druck geraten. Auch Hausaufgaben könnten dadurch obsolet werden.

Fester Bestandteil unserer Arbeits- und Lebenswelt
Man könnte nun versuchen zu verhindern, dass solche Tools eingesetzt werden, etwa indem man andere Systeme einsetzt, die erkennen können, ob ein Text aus der Hand einer Schülerin oder von einer KI stammt. Statt einer solchen digitalen Abstinenz scheint es aber angebracht, anzuerkennen, dass es Tools wie ChatGPT gibt. Sie werden wohl oder übel zu einem festen Bestandteil unserer Arbeits- und Lebenswelt, auf welche die Schule Kinder und Jugendliche vorbereiten sollte. Die Anerkennung dieser Möglichkeiten muss nicht zwangsläufig dazu führen, dass automatisch erstellte Texte einfach übernommen werden. Vielmehr gilt es kritisch zu fragen, ob es sich um einen guten Aufsatz oder eine gute Antwort handelt.

Kann man den Quellen trauen? Hier zeigt sich eine weitere Krux der neuen Technik – ihre mangelnde Transparenz. Wie setzen sich die durch ChatGPT erzeugten Texte eigentlich zusammen? Stimmen die Angaben und aus welchen Quellen stammen sie eigentlich? All dies bleibt unklar und erfordert Schülerinnen und Schüler, die kritisch mit den erzeugten Texten umgehen können. Abermals ist also ein ebenso kompetenter wie verantwortungsvoller Umgang mit den neuen Möglichkeiten gefragt.

Neues Lehrmittel zum Datenschutz

Die Fähigkeit, sich selbstbestimmt und kritisch in der digitalen Umwelt zu bewegen, ist eine Voraussetzung für das erfolgreiche Leben in der Informationsgesellschaft. Das neue Lehrmittel «Meine Daten, meine Spuren» leitet 9- bis 13-jährige Schülerinnen und Schüler auf spielerische und kreative Weise an, sich mit Themen wie Videoüberwachung, Onlinewerbung und Privatsphäre im Internet auseinanderzusetzen. Das Lehrmittel ist Teil der Reihe «Selbstbestimmt digital unterwegs» und wurde als Gemeinschaftsproduktion der Datenschutzbeauftragten des Kantons Zürich und der Pädagogischen Hochschule Zürich entwickelt. Es kann auf der Website datenschutzlernen.ch kostenlos genutzt und als E-Book in der App beook heruntergeladen werden.