Rührende Rückmeldung

Anna-Tina Hess und Georg Gindely
Illustration: Elisabeth Moch

Anna-Tina Hess: Ich habe diesen Sommer meine feste Stelle aufgegeben, um zu vikarisieren. Ich möchte so andere Schulhäuser kennenlernen, um mich auf dieser Basis im nächsten Jahr für eine Festanstellung zu entscheiden. Mein erstes Vikariat begann kurz nach den Sommerferien in einer Privatschule, wo ich für fünf Wochen zwei 3.-Sek-Klassen übernahm. Werden sie mich mögen? Werde ich es schaffen, in so kurzer Zeit eine Beziehung aufzubauen? Diese Fragen gingen mir kurz vor Antritt des Vikariats durch den Kopf.

Am ersten Tag wollte ich deshalb zuerst die Schülerinnen und Schüler kennenlernen. Wir machten Spiele, ich erzählte etwas über mich und wie ich mir die nächsten fünf Wochen vorstelle und verteilte einen Fragebogen an die Klassen, um mehr über sie zu erfahren. Dann starteten wir mit dem Unterricht. Ich war gut vorbereitet, denn ich wusste, wenn die Beziehung fehlt, kann ich beim Unterricht keine Abstriche machen. Ich liess aber dennoch Raum für die Wünsche der Schülerinnen und Schüler. Und diese Kombination schien gut aufzugehen. Denn was in den folgenden Wochen geschah, berührt mich noch immer zutiefst. Schon nach kurzer Zeit erhielt ich viel Lob für meinen Unterricht. Am Ende wurde ich mit Zuneigung nur gerade so überschüttet. «Können Sie nicht bleiben?», «Danke für alles!» und «Es war schön mit Ihnen» waren die häufigsten Rückmeldungen. Ich hatte Tränen in den Augen und musste feststellen, dass nicht die fehlende Beziehung zur Herausforderung geworden war, sondern plötzlich die Tatsache, dass ich zwei liebgewonnene Klassen nach so kurzer Zeit wieder verlassen musste.

Georg Gindely: Vor dem Eignungstest für den Quereinstieg musste ich zwei Tage an einer Oberstufenschule schnuppern gehen. In einer Deutschlektion klopfte es an der Tür, worauf ein Jugendlicher eintrat und den Lehrer herzlich begrüsste. Es war ein ehemaliger Schüler, nicht der Einfachste, wie der Lehrer schmunzelnd sagte. «Stimmt, ich bin en Schwierige gsii», bestätigte der junge Mann, der mittlerweile eine Coiffeurlehre machte, unverhofft einen freien Nachmittag hatte und unangemeldet vorbeikam. Er hielt der Klasse eine Rede, in der er die Oberstufenzeit sowie den Einsatz des Lehrers lobte und den Schülerinnen und Schülern einige Tipps für die Zukunft gab. Sein Auftritt war spontan und ungekünstelt. An der Eignungsprüfung berichtete ich davon, dass ich das auch einmal erleben möchte. Letzten Sommer schloss ich mein Studium ab und verabschiedete gleichzeitig meine erste eigene Klasse. Einige meiner Schülerinnen und Schüler waren ebenfalls eher «Schwierigi». An der Abschlussfeier hielten sie eine rührende Abschiedsrede und schenkten mir eine Hängematte, damit ich mich von der Zeit mit ihnen erholen kann. Nach den Sommerferien ging es zwei Wochen, bis die erste ehemalige Schülerin vorbeikam; einige Wochen später folgte ihr ein weiterer ehemaliger Schüler. Beide tauchten spontan an ihren freien Tagen in meinem Klassenzimmer auf, liessen sich von meiner neuen Klasse interviewen und berichteten mit Freude von ihrer eigenen Oberstufenzeit – ganz ähnlich, wie ich das selbst vor Beginn meiner Ausbildung erlebt hatte. Es fühlte sich sogar noch besser an, als ich damals gedacht hatte.

Anna-Tina Hess und Georg Gindely studierten von 2018 bis 2022 im Quereinstieg an der PH Zürich. Zuvor waren beide als Journalisten tätig. Sie schreiben an dieser Stelle über ihre ersten Erfahrungen in der Schule und an der PH Zürich.