Lob hängt aus meiner Sicht vor allen Dingen davon ab, wie persönliche Leistungen wahrgenommen und gewürdigt werden. Das heisst für mich, den Menschen zu sehen, zu wissen, was er oder sie zu leisten vermag, und genau das zu thematisieren, was für die betreffende Person wichtig ist. Dazu ist es wichtig, dass wir uns sehr gut darüber verständigt haben, was wir voneinander erwarten. Ein Lob im professionellen Umfeld sollte sich auf die Arbeit beziehen.
Was wir unter Arbeit verstehen, kann sehr breit gefasst sein: konkrete Leistungen, die Förderung der Beziehung oder kreative Ideen. Besonders wichtig finde ich ein Lob bei Unzufriedenheit oder Spannungen. Gerade dann möchte ich nicht nur das Schlechte hervorheben. Ich habe in den vergangenen Jahren versucht, mich im Hinblick auf das Loben zu sensibilisieren und gemäss folgenden Grundsätzen zu handeln: immer dann loben, wenn mir etwas auffällt; mich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen freuen und das auch sagen; deutlich machen, was genau mich freut; immer die individuelle Situation zu sehen, in der sich jede und jeder Einzelne befindet. Ob mir das gelingt, dazu müsste man meine Kolleginnen und Kollegen fragen. Manchmal kommt es mir vor, als ob viele Personen in der Theorie gelernt haben, dass loben wichtig ist, und dann irgendetwas sagen. Das nützt meiner Meinung nach kaum etwas.
«Das hast du aber super gemacht!» Und schon wieder ist mir das S-Wort über die Lippen gerutscht. Im Kindergarten passiert das schnell: Man ist mit verschiedenen Kindern beschäftigt, dann möchte ein Kind noch eine Rückmeldung zu seiner Arbeit. Und ich greife zum inhaltslosen Adjektiv «super». Dabei möchte ich dem Kind ein Lob geben, das es als ernst gemeint empfindet. Damit das Kind etwas lernen kann, möchte ich auch sagen, was mir an seiner Arbeit gefällt. Es ist mir wichtig, dass ich jedes Kind loben kann. Verbal ist dies spontan nicht immer sinnvoll möglich. In meinem Kindergarten habe ich das mit Komplimentkarten gelöst. Darauf notiere ich eine positive Beobachtung zu einem Kind jeweils als Kompliment. Die Karten lesen wir als Klasse im Kreis. Die Kinder können die Karten mit nach Hause nehmen und den Eltern zeigen. Der Stolz über das Lob zum Mitnehmen zeigt sich jeweils deutlich sichtbar in den Gesichtern der Kinder.
Erteile ich denn überhaupt Lob? Gefühlt selten. Irgendetwas klebt für mich am Wort Lob, was von oben herab ist, der Steuerung dient und wenig Bezug von mir dem anderen gegenüber hat. Ich würde eher sagen, dass ich mich freue, bewundere, anerkenne und wertschätze und dies mitteile. Dies kann in Worten, mit Mimik oder in einer Geste sein – meist spontan und absichtslos. Manchmal in einem formalen Gespräch oder wenn Anlass für eine Rede oder eine Karte gegeben ist, wie bei Jubiläen. Da ich von Natur aus den Fokus auf das habe, was gelingt, fällt es mir sehr einfach, etwas Besonderes zu entdecken und hervorzuheben. Viele Gedanken der Wertschätzung sind einfach in meinem Kopf. Mit etwas Glück kommt der Moment, in denen sie mündlich mitgeteilt werden oder in Kartenform enden. Oder sonst einfach unausgesprochen in einer positiven Haltung dem anderen gegenüber.