Mobbing ist die Form von Gewalt, mit der Schulen am häufigsten konfrontiert sind. Wie reagieren Lehrpersonen idealerweise bei Mobbingfällen? Ein Vorgehen in sechs Schritten.
- Schritt: Mobbing erkennen
Auch wenn die Lehrperson die Mobbingsituation nicht direkt beobachtet, kann sie Hinweise für Mobbing in der eigenen Klasse erkennen: Verändert sich das Klassenklima oder das Verhalten bzw. die Leistung eines Kindes? Gibt es Hinweise von anderen Lehrpersonen oder von Schülerinnen und Schülern? Sind solche Hinweise da, schaut die Lehrperson hin und hakt nach. - Schritt: Überblick verschaffen
Die Lehrperson verschafft sich einen Überblick über die Situation, indem sie mit den betroffenen Schülerinnen und Schülern getrennte Gespräche führt, die Klasse und die Eltern über Fragebogen befragt und sich mit Mitgliedern des Schulteams und Fachpersonen austauscht. Sie achtet dabei auf die Merkmale von Mobbing, nämlich auf die Schädigungsabsicht der Täter, auf das Machtungleichgewicht, auf den Wiederholungsaspekt und die Hilflosigkeit der Betroffenen. - Schritt: Mit der Klasse über Mobbing sprechen
Im Gespräch mit der Klasse wird über die Mobbinghandlungen, aber nicht über die beteiligten Personen gesprochen. Es werden also nie Namen genannt. Mobbinghandlungen werden als Grenzüberschreitung und Verletzung der Grundrechte offengelegt. Die Lehrperson weist auf das Grundrecht auf psychische und körperliche Integrität hin und setzt klare Standards wie: «Hier gehen wir wertschätzend miteinander um und akzeptieren Verschiedenheit. In unserer Klasse gibt es kein Mobbing, keine Ausgrenzung, kein Blossstellen, kein Verbreiten von Gerüchten und Lügen, keine abwertenden Blicke, Drohungen, körperlichen Übergriffe. Wir zeigen Zivilcourage und leben eine Kultur der Wiedergutmachung. Für alles.» - Schritt: Empathieblockaden auflösen
Da sich Opfer oft nicht wehren, sind sich viele Schülerinnen und Schüler nicht bewusst, welche Wut, Trauer, Einsamkeit, Scham und Angst die entsprechende Person verspürt. Diese Emotionen werden gemeinsam besprochen und die Klasse wird mit der Verharmlosung bestimmter Handlungen und unberechtigten Schuldzuweisungen dem Opfer gegenüber konfrontiert. Zudem wird der Normalitätsbegriff geklärt. Normalität ist, dass alle anders sind und anders sein dürfen, ohne gemobbt zu werden. Über die Planungshilfen der PH Zürich finden Lehrpersonen Materialien, um Verantwortungsbewusstsein, Empathie und Zivilcourage in der Klasse zu fördern. - Schritt: Unterstützung für Grundrechte aktivieren
Nach einem Mobbing- oder Gewaltvorfall gilt es, Schülerinnen und Schüler noch stärker zu Anwälten und Anwältinnen für die Grundrechte zu machen. Das bedeutet, an Sozialkompetenzen zu arbeiten und diese in der Klasse zu leben. Zu diesen gehören: eigene Interessen und Bedürfnisse einbringen und diejenigen der anderen ernst nehmen, die Folgen des eigenen Handelns überblicken und Konsequenzen antizipieren, gewaltbefürwortende Einstellungen und Gedanken identifizieren und korrigieren, Werteorientierungen für sich und die Gemeinschaft formulieren, sich durch die Übernahme anderer Perspektiven in andere einfühlen und deren Gefühle verstehen sowie Vorurteile abbauen. - Schritt: Dranbleiben und Nachhaltigkeit überprüfen
Um Gewalt und Mobbing vorzubeugen, heisst es: dranbleiben. Eine zentrale Rolle hat dabei der Klassenrat, wo die Zusammenarbeit in der Klasse regelmässig reflektiert wird und explizit über die Vorstellung des sozialen Miteinanders gesprochen wird. Dabei bleibt die Lehrperson Hüterin des Themas Mobbing. Sie trägt die Verantwortung für das Verhalten in der Klasse, sie behält das Thema Mobbing auf dem Radar, spricht regelmässig mit der Klasse über den Umgang miteinander, wiederholt Befragungen, um Mobbing zu erkennen, und tauscht sich regelmässig mit Kolleginnen und Kollegen über Erfahrungen und Eindrücke mit der eigenen Klasse aus.