Immer mehr Schulen werden zu Tagesschulen ausgebaut. Fachlich ist unbestritten, dass die vielfältigeren Aufgaben durch multiprofessionelle Zusammenarbeit besser zu bewältigen sind. Annekäthi Lutz von der Schule Fluntern-Heubeeribüel in Zürich macht gute Erfahrungen mit der Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen.
Der wichtigste Erfolgsfaktor multiprofessioneller Zusammenarbeit ist das gegenseitige Vertrauen und die Wertschätzung der jeweils anderen Arbeit. Diese beginnt damit, dass keine Gruppe vergessen wird. Heutige Schulteams sind oft gross und bestehen aus Klassen- und Fachlehrpersonen, verschiedenen Therapeutinnen und Therapeuten, Heilpädagoginnen und Heilpädagogen, Schulsozialarbeiterinnen und -arbeitern, dem Hausdienst, Assistierenden oder auch Zivildienstleistenden. Wie gelingt also die Zusammenarbeit trotz verschiedener Arbeitskulturen, Arbeitsinhalte und manchmal auch gegenseitiger Vorbehalte?
Annekäthi Lutz macht als Schulleiterin einer Tagesschule die Erfahrung, dass das Verständnis füreinander wächst, wenn man weiss, was die anderen überhaupt tun. Aus unterschiedlichen Wahrnehmungen und auch Vorbehalten entstehen unausgesprochene Erwartungen gegenüber den jeweils anderen Berufsgruppen. Dabei können sich unterschiedliche Perspektiven durchaus gegenseitig befruchten. «Es ist wichtig, die Professionalität der anderen Berufsgruppen deutlich zu machen, indem sie sich kennenlernen», sagt sie. Welche Ausbildungen, welche Rollen stehen hinter den Menschen? Die Schulleiterin sagt: «Gefühlte Abgrenzungen konnten wir entschärfen, indem die Teams ihre Vorbehalte tatsächlich benannt und sich ihre Arbeit und Ausbildungswege gegenseitig vorgestellt haben. Teams müssen sich kennenlernen, um besser zusammenarbeiten zu können. Das schafft eine Basis für Vertrauen.»
Was die Schule eingeführt hat, sind konkrete Subteams. Neu werden die Kinder für die Betreuung nicht mehr beliebig zugeteilt, sondern nach Klassen. Es gibt pro Klasse nur noch eine Ansprechperson in der Betreuung. Das hat viel zur Klarheit beigetragen, sagt Annekäthi Lutz. Auch bringt diese Reduktion Ruhe und Kontinuität in den Entwicklungs- und Lernprozessen der Kinder.
Als Schulleiterin gibt Annekäthi Lutz ausschliesslich einen Minimalstandard für diese Schnittstellenarbeit vor. «Nur wenn die Zusammenarbeit institutionalisiert wird, kann eine wirkungsvolle Arbeits- und Lernkultur zwischen interprofessionellen Teams entstehen», betont Lutz. «Es muss ein Gestaltungsspielraum bleiben, aber gleichzeitig braucht es klare Rahmenbedingungen», sagt Lutz. Zum Beispiel hospitieren die Betreuungs- und Lehrpersonen einmal pro Jahr gegenseitig. Es gibt gemeinsame Klassensitzungen mit allen Beteiligten, gemeinsames Auftreten gegenüber den Eltern oder auch gemeinsame Projekte und Ausflüge. Sitzungsgefässe werden in die Agenda geschrieben. Auf dem Stundenplan steht künftig nicht nur die Klassenlehrperson, sondern auch der Kontakt der Betreuungsperson. Auf die Details kommt es an.
Das diesjährige Symposium Personalmanagement der PH Zürich nimmt die Thematik multiprofessioneller Zusammenarbeit auf. Stefan Kühl von der Universität Bielefeld wird Erkenntnisse aus der Organisationspsychologie einbringen, Katja Kansteiner von der PH Weingarten spricht zu professionellen Lerngemeinschaften in Lehrpersonenteams und Patrik Widmer von der PH Luzern wird die Führungsaufgabe interprofessionelle Zusammenarbeit beleuchten.