Wie fühlt es sich an, fünf der eigenen Kinder an einer grauenhaften und noch dazu gottgewollten Krankheit sterben zu sehen? Für einen trauernden Vater im Pestjahr 1348 war es das Ende: «Die Glocken läuteten nicht mehr, und auch das Weinen hörte auf. So schrecklich war die Lage, dass alle nur noch mit ihrem eigenen Tod rechneten.» Und doch standen die Überlebenden der Seuche wieder auf, verlangten höhere Löhne, brachten starke Männer an die Macht – und wieder zu Fall.
Volker Reinhardt stellt in seinem Buch klar: Geschichte wiederholt sich nicht, hält aber Lehren für die Gegenwart bereit. Denn was während der Grossen Pest passiert ist, bietet in Zeiten von Corona einige Déjà -vus: Wilde Verschwörungstheorien, die Stigmatisierung von Minderheiten und Klagen über eine vermeintlich unmoralische Jugend waren damals und sind heute ein Zeichen der Zeit. Aus dem sorgfältigen Vergleich beider Ereignisse gewinnt der Historiker vor allem eines: Nüchternheit mit Blick auf die Zukunft nach Corona – allzu viel dürfte sich nicht ändern. Eine brillante Studie mit lehrreichem Gegenwartsbezug.