Gustav Stresemann schrieb einmal: «Aus Niederlagen lernt man leicht. Schwieriger ist es, aus Siegen zu lernen.» Und Karl Jaspers meinte, dass «… Menschen in ihrem Leben immer wieder in Grenzsituationen geraten, die wie eine Wand sind, an die wir stossen und an der wir scheitern».
Scheitern gehört zum Leben. Daher stellt sich die Frage, wie wir mit dem Scheitern umgehen. Wie reagieren wir, wenn wir unsere Ziele nicht erreichen? Nehmen wir Kritik aufrichtig an oder weisen wir sie arrogant zurück? Leicht fällt auch mir der Umgang mit Misserfolgen nicht. Sie nagen an meinem Ego und sorgen für schlechte Laune. Dennoch gehört es für mich zur intellektuellen Redlichkeit, nach anfänglicher Enttäuschung die Konsequenzen zu ziehen und die eigene Eitelkeit zu überwinden. Zwar sind Siege und Erfolge angenehmer zu erleben als Misserfolge, aber es ist eben das Scheitern, an dem wir wachsen. Menschen, die nicht kritikfähig sind, auf ihrem Standpunkt beharren und lieber die Umstände für ihr Scheitern verantwortlich machen, tun mir leid. Denn für sie war sogar das Scheitern umsonst. Sie scheitern quasi ein zweites Mal, weil sie nicht erkennen können, wie sie vielleicht ein Projekt noch gerettet hätten. Eigentlich sollten wir uns angewöhnen, nicht nur Siege, sondern ab und zu auch Misserfolge zu feiern, weil sie uns stetig reifen lassen.
Misserfolg ist ein Wort, das es in meinem Wortschatz nicht gibt. Was ist ein Misserfolg? Wenn etwas nicht nach meinen Vorstellungen gelingt? Wenn ich andere Erwartungen hatte? Misserfolg gibt es nur mit einem negativen Blickwinkel. Wenn mir etwas nicht gelingt, dann nehme ich eine andere Sichtweise ein. Was ist schief gegangen, was kann ich machen, damit ich ein anderes Ergebnis bekomme. Beim gemeinsamen Forschen und Experimentieren mit meinen Schulkindern sagen sie immer wieder: «S’isch nöd gange.» Hatten sie deshalb einen Misserfolg? Ich finde, nein, im Gegenteil! Ich motiviere die Kinder zum Überlegen. Dann probieren sie aus, tauschen sich aus und machen neue Schritte. Wenn es dann plötzlich gelingt, sind sie stolz, denn sie hatten Ausdauer, probierten verschiedene Varianten aus und sind um viele Erfahrungen reicher. Wie gehe ich also mit Misserfolgen um? Ich denke positiv! Es ist alles nur eine Sichtweise, eine Einstellung.
Misserfolge gehören zum Leben. Im Umgang damit hilft mir der Sport. Auch dort wächst man an Niederlagen, welche auf die Dauer nicht zu vermeiden sind. Ich habe gelernt, dass man diese Misserfolge in positive Energie umwandeln und dies als Ansporn für seine persönliche Weiterentwicklung nutzen kann. Schlussendlich muss man gegenüber negativen Ergebnissen nicht nachtragend sein. Das wäre auf die Dauer belastend und nicht gewinnbringend. Also bleibt nur das Abhaken und sich für die nächste Hürde bereit machen. Dabei bleiben die Erkenntnisse und Fragen vom letzten Mal: Was kann ich besser machen? Wie kann ich es besser machen? Auf diesen Erfahrungen möchte ich aufbauen. Eine positive Einstellung zu Misserfolgen hilft mir persönlich, mich davon im Alltag nicht runterziehen zu lassen. Insofern sind Misserfolge als Grundlage für zukünftige Erfolge zu betrachten.