Die Funktion von Hausaufgaben verändert sich grundlegend

Wie bearbeiten Schülerinnen und Schüler Hausaufgaben mit (digitalen) Medien und wer hilft ihnen dabei? Diese Fragen standen im Fokus des Forschungsprojekts zu Hausaufgaben und Medienbildung, dessen Resultate nun vorliegen.

Wie Schülerinnen und Schüler ihre Hausaufgaben erledigen, ist ein Thema, das Eltern und Lehrpersonen dauerhaft beschäftigt und zu dem es in der Forschung bisher kaum Daten gab. Im Rahmen des Projekts «Hausaufgaben und Medienbildung» der PH Zürich liegen nun erstmals Erkenntnisse vor, welche (digitalen) Medien Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe bei der Bearbeitung von Hausaufgaben verwenden und in welchen Netzwerken sie dabei zusammenarbeiten.

Klassen führten Medientagebücher
Das Forschungsteam bestehend aus Klaus Rummler, Colette Schneider Stingelin und Caroline Grabensteiner führte im Herbst 2018 in 25 Klassen in sieben Kantonen der Deutschschweiz eine Untersuchung durch. Kernstück war ein Medientagebuch, das die Schülerinnen und Schüler über einen Zeitraum von 14 Tagen führten und in dem sie chronologisch alle Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Bearbeiten ihrer Hausaufgaben festhielten. Insgesamt wertete das Team 250 Medientagebücher aus. Die Schülerinnen und Schüler waren zum Erhebungszeitpunkt zwischen 11 und 17 Jahre alt. Mindestens die Hälfte der Befragten hatte einen Migrationshintergrund, über ein Drittel sprach neben der deutschen Sprache auch eine Fremdsprache. Die Ergebnisse geben Einblicke in den Tagesablauf der Schülerinnen und Schüler und auch Aufschluss über das Verhältnis zwischen Schule, Familie und digitalen Medien.

Die grosse Mehrheit der Schülerinnen und Schüler gab an, die Hausaufgaben zu Hause zu erledigen. Je mehr die Eltern bei den Hausaufgaben Unterstützung leisteten, desto weniger kamen digitale Medien und umso mehr das Lehrmittel zum Einsatz. Wenn die Kolleginnen und Kollegen bei den Hausaufgaben halfen, so geschah dies in der Regel über Smartphone und WhatsApp. Das Smartphone war die am häufigsten genutzte Hardware und für die Schülerinnen und Schüler das zentrale Medium im Übergang zwischen der Schule und dem Zuhause. Gefragt nach ihrer Medienpraxis, verwendeten die Jugendlichen am häufigsten das Wort «Checken». Es bezeichnet das Überfliegen von neuen Nachrichten und das Bewerten der Inhalte. In dieser Bewertung, was für sie von Bedeutung scheint und was nicht, werden erste Ansätze einer Informations- und Medienkompetenz sichtbar. Mit dem «Checken» definieren die Jugendlichen sowohl die Relevanz von Medieninhalten als auch ihre Beziehung zu anderen.

Jugendliche verabreden sich online
Generell zeigt sich, dass sich die Art und Weise, wie Jugendliche zum Ergebnis der Hausaufgabe kommen, durch die digitalen Medien verändert. Neu haben Hausaufgaben auch eine soziale und unterhaltende Funktion: Per Chat verabreden sich die Jugendlichen zu Videokonferenzen, um Hausaufgaben in der Gruppe oder zu zweit zu bearbeiten. «Die Schülerinnen und Schüler integrieren alltägliche digitale Medien nach ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten in ihre individuellen Lernpraktiken. Es geht nicht mehr nur darum, die Hausaufgaben zu erledigen », erläutert der Projektleiter Klaus Rummler. «Sie produzieren ihre individuellen Lernkontexte, und die schulischen und häuslichen Lernkontexte überlappen sich immer stärker.» Wenn über das Lernen mit (digitalen) Medien in der Schule diskutiert wird, sollte der Blick auch stärker auf diese Lernaktivitäten, die ausserhalb der Schule stattfinden, gerichtet werden.

Wo Schülerinnen und Schüler die Hausaufgaben erledigen

  • 87 % Zuhause
  • 30 % In der Küche, im Ess- oder Wohnzimmer
  • 56 % Im eigenen Zimmer
  • 3 % In der Schule

Das Projekt «Hausaufgaben und Medienbildung» wurde vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördert. Weitere Infos: tiny.phzh.ch/hausaufgaben