Einige Kinder tuscheln, andere schneiden Grimassen, eines kommt zu spät zur Tür herein. Derweil macht sich die Lehrerin vorne am Pult Gedanken über einen Jobwechsel. Wie es in einem Schulzimmer zu- und hergehen kann, erläutert das Wimmelbild am Anfang von Annika Langharts Bachelorarbeit eindrücklich: ein wahres Tohuwabohu.
Die Studentin der Primarstufe hat sich dem Thema Störungen im Unterricht angenommen. Nachdem sie in ihren Praktika verschiedentlich mit dem Problem konfrontiert war, wollte sie herausfinden, wie sie ihren Unterricht störungsfrei gestalten kann. Doch bereits im Vorgespräch mit dem Betreuer ihrer Arbeit wurde ihr bewusst: Störungen sind normal und gehören zum Schulalltag. Findet die Lehrperson einen geeigneten Umgang damit, können sie sogar konstruktiv genutzt werden. Im Rahmen ihrer Literaturrecherche hat die Autorin erkannt, dass Störungen keineswegs ausschliesslich von den Kindern ausgehen. Auch die Lehrperson hat häufig ihren Anteil daran, etwa durch ungeeignete Planung, wenig anregenden Unterricht oder ablenkende Bemerkungen. Weiter können unrealistische Regeln wie etwa «wir sind stets freundlich zueinander » Widerstand fördern. Zu einer guten Beteiligung führt dagegen eine grosse Präsenz der Lehrperson.
Lehrpersonen können dazu neigen, Störungen kurzfristig zu unterdrücken, um Ruhe zu schaffen. Dies ist meist ebenso wenig nachhaltig wie Bestrafungen, denn diese belasten die Beziehung zwischen Schülerinnen oder Schüler und Lehrperson. Auch ein Appell an die Einsicht vermittelt meist keine neuen Informationen und ignoriert darüber hinaus die Beweggründe für das Fehlverhalten. Denn Störungen sagen viel aus: Sie können zum Beispiel signalisieren, dass der Unterricht langweilig ist, dass der Sinn darin nicht klar erkenntlich ist oder dass andere Lern-, Lebens- und Beziehungsprobleme anstehen. Eine wichtige Rolle spiele auch die Klassenführung, schreibt Langhart. Dabei sollte es nicht in erster Linie darum gehen, Ruhe und Disziplin einzufordern, sondern eine motivierende
Lernumgebung zu schaffen. Dafür brauche es einen raschen und undramatischen Umgang mit Störungen. Statt zum Beispiel zwei Kinder zum Beenden der Zwischengespräche aufzufordern, sollte die Lehrperson besser sagen: «Bitte arbeitet an eurer Aufgabe weiter.»
Lehrpersonen sollten versuchen, gelassen zu bleiben, Provokationen nicht persönlich nehmen und ihr Harmoniebedürfnis hinterfragen. Viele Konflikte liessen sich mit nonverbaler Kommunikation sowie etwas Humor undramatisch lösen, folgert die 25-Jährige, die das Studium im letzten Sommer abgeschlossen hat. In ihrem Unterricht profitiert sie von ihrer Arbeit. Zum Beispiel achtet sie darauf, nach jeder Unterbrechung schnell zum Unterricht zurückzukehren. Zudem bespricht sie den Ablauf der Lektion zu Beginn jeweils genau. Denn sie hat erkannt: «Wissen die Kinder nicht, was zu tun ist, wird es laut im Klassenzimmer.»