In den vergangenen Monaten erlebte das sogenannte Blended Learning coronabedingt einen regelrechten Schub. Inzwischen hat sich diese Mischform von ortsgebundenem und ortsunabhängigem Lernen vielerorts etabliert. Eine tragende Rolle spielt bei beiden Lernformen der Einsatz von digitalen Geräten.
Um es vorwegzunehmen: Etwas gänzlich Neues ist Blended Learning nicht. Im Gegenteil: An vielen Hochschulen wird diese Lehr- und Lernform seit Langem eingesetzt, so auch an der PH Zürich. Neu ist hingegen die Konsequenz, mit der Hochschulen die verschiedenen Formate und Instrumente coronabedingt nutzen. Ab Beginn des Herbstsemesters führten viele Hochschulen die Lehre in einer Mischform von Präsenz- und Distanzunterricht durch. Damit legten sie den Grundstein für den Boom der hybriden Lehre, wie Blended Learning oft auch bezeichnet wird.
Während des Lockdowns im März und April 2020 sahen sich die Hochschulen wie auch die Volksschule mit der Herausforderung konfrontiert, von einem Tag auf den anderen ihre Praxis zu ändern: «Die Situation war für alle Beteiligten unangenehm. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass sowohl die Hochschulen als auch die Volksschule von den gemachten Erfahrungen profitieren», sagt Tobias Zimmermann, Leiter des Zentrums für Hochschuldidaktik und -entwicklung an der PH Zürich. «Während es in der ersten Zeit ausschliesslich darum ging, den Hochschul- und Schulalltag irgendwie mit den digitalen Geräten zu bewältigen, konnten die Dozierenden und Lehrpersonen in den folgenden Wochen ihren Unterricht mehr und mehr individuell gestalten und die einzelnen Tools gezielt einsetzen.» Dies sei letztendlich auch das Ziel: dass Dozierende und Lehrpersonen digitale Medien dort einsetzen, wo sie sich einen Nutzen versprechen.
Vielzahl an hybriden Formaten
Zum Tragen kam die hybride Lehre an der PH Zürich aber erst so richtig, als sich mit Beginn des Herbstsemesters die Situation ein Stück weit normalisierte. Dabei setzten die Dozierenden eine Vielzahl an hybriden Formaten ein. Während der Präsenzunterricht stets von Angesicht zu Angesicht stattfindet und die digitalen Geräte dabei unterstützend eingesetzt werden, bilden sie im Distanzmodus das eigentliche Kernstück bei der Vermittlung der Inhalte. «Ja nach Fach entwickeln die Dozierenden eigene Settings. In der Regel findet der praktische Teil vor Ort statt, die eher theoretischen Inhalte werden auf Distanz vermittelt respektive eignen sich die Studierenden selbstständig an», sagt Jürg Fraefel, Leiter des Bereichs Digital Learning an der PH Zürich. Im Distanzmodus stehen grundsätzlich zwei Methoden im Zentrum: der synchrone und der asynchrone Weg. Ersteres heisst, dass Dozierende den Unterricht live mittels eines Onlinetools durchführen. Asynchron bedeutet, die Inhalte werden den Lernenden zum Beispiel in einer Power-Point-Präsentation zur Verfügung gestellt. «Der Clou ist, hier die richtige Mischung zu finden», so Jürg Fraefel.
Nähe statt Distanz durch digitale Medien
Studien belegen, dass sich digitale Medien nicht a priori positiv auf das Lernen auswirken. Fest steht aber: Digitale Medien ermöglichen es, Lernszenarien anders zu gestalten, beispielsweise beim selbstorganisierten Lernen. «Für Aufgaben, die zuhause gelöst werden, sind digitale Medien ab der Mittelstufe das Arbeitsinstrument schlechthin. Umso mehr, als die Lernenden in ihrem Berufsleben ständig von digitalen Medien umgeben sein werden. Wichtig ist, dass die Inhalte sinnvoll mit dem Präsenzunterricht verknüpft werden», sagt Jürg Fraefel.
Ein Beispiel, wie dies im Bereich der Weiterbildung optimal gelungen ist, nennt Tobias Zimmermann: «Eines unserer Dozierendenteams hat die Teilnehmenden zum Auftakt eines Weiterbildungsmoduls mit einem Video begrüsst und ihnen darin auch gleich erste Inhalte vermittelt und Aufgaben gestellt. Ein solcher Film ist mit verhältnismässig wenig Aufwand herzustellen und erleichtert den Lernenden den Zugang zu einem Thema. Denn obwohl die Inhalte aus der Ferne vermittelt werden, schafft die Digitalität hier im Vergleich zu einer E-Mail mehr Nähe zu den Studierenden.» Eine solche Umsetzung sei auch in der Volksschule denkbar, ergänzt Jürg Fraefel. «Blended-Learning-Formate werden insbesondere auf der Sekundarstufe I je länger je mehr zu einem Thema. Das selbstorganisierte Lernen mit digitalen Medien bildet dabei einen wichtigen Bestandteil.»