Die Heimat der Sprache

Im Fallen lernt die Feder fliegen. (Limmat, 2020)

Wie verarbeitet eine junge Frau das Trauma der doppelten Fluchterfahrung, die Trennung von den Eltern, den Tod der Schwester? Mit Schweigen. Aida verstummt, wenn ihr Schweizer Partner sie zu ihrer Vergangenheit ausfragen will. Nur das stille Schreiben ermöglicht ihr, sich in die Erinnerungsräume mit den Stimmen der Familienmitglieder zu begeben.

Dort bewegt sie sich zwischen deutscher und arabischer Sprache – in poetischen Bildern und konkreter Philosophie. Sprache hilft ihr, Gegenwart und Vergangenheit zu erfassen und so eine Distanz zur Realität aufzubauen, ein Leben voller Brüche schreibend zu gestalten: «Ich blicke zurück und merke, wie zwischen mir und mir etwas zusammenwächst.» Ein Erinnerungsbuch mit verblüffenden Beschreibungen innerer Vorgänge und nüchternen Analysen von Alltagsrassismen und struktureller Demütigung in der Schweiz, unterlegt mit dem starken Plot einer Coming-of-Age-Geschichte einer jungen Exil-Irakerin.

Usama Al Shahmani.
Im Fallen lernt die Feder fliegen.
Zürich: Limmat, 2020. 238 Seiten.