Der Bund fördert in einem Pilotprogramm den Austausch von angehenden Lehrpersonen zwischen den Schweizer Sprachregionen. Im September 2020 fand der erste Austausch zwischen der Universität Genf und der PH Zürich statt. Beteiligte ziehen eine positive Bilanz.
Im November 2017 verabschiedeten Bund und Kantone eine gemeinsame Strategie für Austausch und Mobilität in Bildungs- und Berufslaufbahnen. In der Folge lancierte das Bundesamt für Kultur (BAK) ein Programm für den Austausch von Lehrpersonen auf nationaler Ebene. Ziel ist, dass künftig alle angehenden Lehrpersonen in der Schweiz obligatorisch ein schulisches Fremdsprachenpraktikum in einer anderen Sprachregion absolvieren und sie dadurch ihre sprachlichen und kulturellen Kenntnisse des anderen Landesteils erweitern.
Aus der Nähe einen Gewinn ziehen
Die Schweiz ist im Hinblick auf das Lernen von Fremdsprachen ein privilegiertes Land. Zwischen der deutschsprachigen Metropole Zürich und der französischsprachigen Metropole Genf liegen gerade mal 280 Kilometer. Dennoch gab es bis vor Kurzem kaum etablierte Austauschformate zwischen den Sprachregionen. An der PH Zürich gehört ein mehrwöchiges Fremdsprachenpraktikum in Schulen der französischen Schweiz oder im englischsprachigen Raum seit vielen Jahren in die Curricula der Primarstufe und der Sekundarstufe I. Dieses Modell soll nun schweizweit Schule machen. Seit 2019 unterstützt der Bund via die Organisation Movetia die Schweizer Bildungsinstitutionen bei der Entwicklung und Etablierung von zwei- bis vierwöchigen Fremdsprachenpraktika. Alle Beteiligten werden finanziell entschädigt.
Premiere mit Studierenden der Universität Genf
Mitte September 2020 starteten nun die ersten 60 Studierenden der Universität Genf ihr Fremdsprachenpraktikum im Kanton Zürich. Eine Studentin der ersten Stunde war die 29-jährige Chloé Liechti aus Genf. Sie absolvierte ein zweiwöchiges Praktikum in einer 6. Klasse in Winterthur Seen. Chloé Liechti war zum allerersten Mal in der Deutschschweiz. Entsprechend nervös war sie vor dem Praktikumsantritt. «Es war unvorstellbar, mich auf Deutsch auszudrücken und zu unterrichten», sagt Liechti. Würden die Schülerinnen und Schüler ihr Deutsch verstehen? Wie würde man ihr begegnen? Gegen Ende der zwei Wochen waren die Ängste verflogen und sie wäre gerne länger geblieben. Gefragt nach den Unterschieden in den Schulsystemen sagt sie: «In Winterthur gibt es nach jeder Stunde eine Pause, in Genf erst nach zwei Stunden. Zudem sind die Kinder hier sehr gut im Französisch. Und sie arbeiten selbständiger als bei uns.» Während Liechti in der ersten Woche meistens zuhörte, unterrichtete sie in der zweiten Woche eine Stunde pro Tag in den Fächern Englisch, Bildnerisches Gestalten und Französisch.
Motivierte Beteiligte
Knapp 40 Lehrpersonen aus dem Kanton Zürich haben sich für den ersten Austausch zur Verfügung gestellt. Ihr Fazit fiel positiv aus. Die Studierenden der Universität Genf seien ein Gewinn für die Klasse gewesen und eine eigentliche Motivationsspritze für das Erlernen der französischen Sprache. Das Sprachniveau sei eher knapp, deshalb wäre ein vierwöchiges Praktikum begrüssenswert, lautete der Tenor der Praktikumslehrpersonen. Im Januar und Februar 2021 werden die ersten Studierenden der zwei anderen Partneruniversitäten aus der Westschweiz, der Haute Ecole Pédagogique des cantons de Berne, du Jura et de Neuchâtel (Suisse) und der Haute Ecole Pédagogique Vaud ihre Praktika im Kanton Zürich absolvieren.
Für den kommenden Lehrpersonenaustausch mit der Uni Genf im Sommer 2021 – Zeitraum Juni, August, September – sucht die PH Zürich weitere Praktikumsplätze. Dazu benötigen Lehrpersonen zwei Jahre Berufserfahrung und sie werden gebeten, an einer Evaluationssitzung teilzunehmen.