Mit der besten Freundin können Mädchen über belastende Erlebnisse oder Jungs reden. Sie trösten sich gegenseitig, wenn sie traurig sind, oder lachen und verbringen die Freizeit miteinander. Knaben dagegen gamen gern zusammen oder beschützen sich gegenseitig, wenn es auf dem Pausenplatz zu einer Prügelei kommt. Ob sich Kinder in der Schule wohl fühlen, hängt zu einem grossen Teil davon ab, ob sie dort Freude haben. Diesem wichtigen Thema hat sich Jasmin Oggenfuss in ihrer Masterarbeit gewidmet.
Sie wurde von der Stiftung Pestalozzianum mit dem Studienpreis ausgezeichnet, weil sie einen wertvollen Beitrag zur Sensibilisierung von Lehrpersonen darstelle. Freundschaften bedeuten einen sicheren Raum, in den man sich bei Bedarf zurückziehen kann oder soziale Kompetenzen einüben. Dort erfahren Jugendliche Bestätigung, können sich selber öffnen und ihre Identität finden, wie Oggenfuss aufgrund ihrer Literaturrecherche schreibt. Freunde zu finden, fällt aber nicht allen Schülerinnen und Schülern gleichermassen leicht.
In einer zweiten Sekundarklasse der Niveaus A/B hat die Autorin sowohl die subjektive als auch die objektive Wahrnehmung bezüglich der sozialen Integration der insgesamt 17 Jugendlichen erfragt. Sie mussten angeben, neben wem sie in der Schule sowie während eines Klassenausflugs im Bus sitzen möchten beziehungsweise neben wem lieber nicht. Weiter kreuzten sie auf dem Fragebogen an, ob sie viele Freundinnen und Freunde haben oder sich allein fühlen und ob es ihnen in der Schule gefällt. Aufgrund der Antworten konnte die Autorin das Beziehungsgeflecht in der Klasse grafisch darstellen. Darauf basierend wählte sie für ein qualitatives Interview drei Schülerinnen und einen Schüler aus, die besonders aus dem Gesamtbild herausstachen. Darunter befand sich sowohl eine allseits beliebte Schülerin, die sich dessen bewusst war, ein gut integrierter Schüler, der dies jedoch anders wahrnahm, sowie zwei Schülerinnen, bei denen die Fremd- und Selbsteinschätzung auseinanderklafften. Eine davon hat zudem sonderpädagogischen Förderbedarf.
In den ausführlichen Gesprächen wurde deutlich, dass Freundschaften häufig auch einen Balanceakt bedeuten: Zum Beispiel besteht die Gefahr, dass sich der Einzelne zu sehr anpasst und seine Bedürfnisse zurückstellt, um eine Beziehung nicht zu gefährden. Auch die Regulierung von Nähe und Distanz sowie Geben und Nehmen ist eine Herausforderung, mit der besonders Jugendliche zuerst umgehen lernen müssen. Oggenfuss ist bewusst geworden, dass auch Lehrpersonen einen gewissen Einfluss auf Freundschaften haben. In ihrer künftigen Tätigkeit möchte die Sekundarlehrerin deshalb regelmässig kooperative und spielerische Lernformen einsetzen sowie Freiräume mit geringem Leistungsdruck ermöglichen. Zudem wolle sie ein positives Klassenklima mit gemeinsam festgelegten Normen und Werten fördern, sagt die 25-Jährige, die im Februar eine 1. B/C-Klasse in Mettmenstetten übernommen hat. «Ich versuche, in Bezug auf Wertschätzung und Fürsorge ein Vorbild zu sein.»