
«In diesem Buch stehen traurige Geschichten. Indem ich sie erzähle, hoffe ich, die Erinnerung an die 18’000 jüdischen Kinder und hundert Sinti-Kinder lebendig zu halten. Und ganz tief in meinem Herzen hoffe ich auch, dass sie ein wenig dazu beitragen, dass die Kinder, denen sie vorgelesen werden, später vernünftige Erwachsene werden, die wissen, welche Folgen es haben kann, wenn man andere ausschliesst.» So das Schlusswort der Autorin, deren Geschichten auf autobiografischen Quellen überlebender jüdischer Kinder basieren, die aus verschiedenen Perspektiven zusammengesetzt und dabei liebevoll erzählt und illustriert sind. Das Buch gliedert sich in drei Teile: «So fing es an – Im Lager – Frieden».
Es sind die Geschichten von Bennie, Rosa, Klaartje, Ruth, Jules und vielen anderen Kindern, alle im Alter zwischen Kindergarten und Primarschule. Sie handeln von den Anfängen des Antisemitismus in Holland, über Verrat und Deportation ganzer Familien bis zur Befreiung aus dem Lager Westerbork. Aus der jeweiligen Ich-Perspektive verfasst, werden die Schicksale dieser Kinder, ihre Ängste, aber auch ihre Zuversicht und Lebensfreude eindrucksvoll geschildert. Dabei sind es die kindlichen Themen wie Freundschaft, Spiele, Geburtstage, Zoobesuche, Alltag in Kindergarten und Schule, Geschwister usw., die sich brutal mit den historischen Ereignissen kreuzen: Jules darf als jüdischer Junge nicht mehr mit der Strassenbahn fahren, um seinen Freund Loek zu besuchen. Er verliert seine Eltern, lebt später im Waisenhaus und wird abends gezwungen, Salz gegen das Bettnässen zu essen. Rosa freut sich, an ihrem sechsten Geburtstag endlich den Judenstern tragen zu dürfen. In ihrer kindlichen Vorstellung vermutet sie, dass leere Züge Zootiere transportieren. Später wird ihre gesamte Familie deportiert. Und schliesslich Ruth, die von ihrem Vater in einem Erdloch versteckt wird, dadurch den letzten Kindertransport aus Westerbork verpasst und somit das Endes des Zweiten Weltkriegs erlebt.
Diese einzelnen, kurzen Episoden sind hautnah erlebbar, weil sie sowohl autobiografischen Ursprungs und zugleich fiktional erzählt sind. Sie sind klug miteinander verwoben und einfühlsam illustriert, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Ein Blick auf die Geschichte aus dem Blickwinkel ihrer kindlichen Protagonisten. Ein Kinderbuch, das sich explizit auch an jüngere Kinder richtet – gegen das Vergessen und aktueller denn je.