
Andreas Hoffmann-Ocon, Leiter Zentrum für Schulgeschichte
Akzente: Welches sind die wichtigsten Themenfelder, mit denen sich das Zentrum für Schulgeschichte (ZSG) beschäftigt?
Hoffmann-Ocon: Das ZSG befasst sich bildungsfeldnah mit der Geschichte der Lehrerbildung. Ein Fokus liegt beispielsweise auf dem Zusammenhang von Krisenwahrnehmungen und Bildungs-
reformen. Dabei erschliessen wir gesellschaftlich und bildungspolitisch strittige Themen jeweils aus der Perspektive verschiedener Akteure – begünstigt durch die gute Materiallage unserer Forschungsbibliothek.
Gibt es ein Beispiel eines aktuellen Forschungsprojekts und was waren die wichtigsten Erkenntnisse?
Ein aktuelles Projekt befasst sich mit dem alltäglichen Handeln, den Regeln und Ritualen an vier Ausbildungsorten für Lehrpersonen im Kanton Zürich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dabei fokussieren wir auf eine Phase, in welcher die Seminare krisenhaft in Frage gestellt wurden. Ein interessanter Befund deutet sich an: An drei Orten wurde die Seminargemeinschaft durch Rituale beschworen und stabilisiert, etwa durch Treffen in Vereinigungen, aber auch durch die Inhalte in Lehrbüchern oder durch Prüfungspraktiken. Die unterschiedliche Gewichtung solcher Faktoren führte trotz vielfältiger Verflechtungen zwischen den Seminaren zu einer Art Konkurrenz- und Marktsituation, in der jede Institution eigensinnige Vorstellungen von der Eignung der Lehrpersonen entwickelte.
Wie verwenden Sie Ihre Erkenntnisse?
Innerhalb der PH Zürich sind wir bestrebt, unsere Befunde in Ausbildungsmodulen zur Diskussion zu stellen, so dass Studierende mit ihren Projekten daran anknüpfen können. Gegen extern präsentieren wir Forschungsergebnisse auf Tagungen oder als Artikel in Büchern und Zeitschriften. Wir werden auch regelmässig von Medien zu historischen Kontexten von Bildungsthemen angefragt. Der Bedarf an fundiertem, quellengestütztem Wissen scheint gerade bei kontroversen Gegenständen hoch zu sein.