Je weiter die Digitalität in unser Leben eindringt, desto mehr besinnen wir uns auf das, was den Menschen hervorhebt und von technischen Existenzformen unterscheidet. Sieht man von humanitären Katastrophen der Menschheitsgeschichte ab, hat es der Homo sapiens mit Vernunft zwar weit gebracht. Neurowissenschaftler Antonio Damasio zeigt jedoch, dass Leben seit Anbeginn auf Gefühle setzte – von der Reizempfindung der Bakterie über soziale Verhaltensweisen mehrÂzelliger Organismen bis zum subjektiv fühlenden Bewusstsein des Menschen. Sein Schlüsselwort lautet Homöostase und meint jenen dynamischen Regulationsprozess, der nach Stabilität strebt und deshalb Entwicklungen anstösst. So führt Damasio letztlich auch kreative Intelligenz und den AufÂstieg menschlicher Kulturen auf die Fähigkeit zurück, nicht nur die Aussenwelt, sondern alle Regungen zwischen Schmerz und Freude im Inneren zu repräsentieren.
Die Rolle des Gefühls
Antonio Damasio.
Im Anfang war das Gefühl: Der biologische Ursprung menschlicher Kultur. Aus dem Englischen von Sebastian Vogel.
München: Siedler, 2017. 320 Seiten.