Ich wohne in jener Gemeinde der Nordwestschweiz, die als erste in allen Privathaushalten das Kunststoffrecycling eingeführt hat. Mit Pauken und Trompeten wurden vor knapp zwei Jahren in alle Haushaltungen gelbe Säcke verteilt. Eine Umweltpädagogin leistete in den Schulhäusern unermüdlichen Ein-satz, indem sie von Klasse zu Klasse pilgerte und die Kinder dazu erzog, Joghurtbecher, Plastikbeutel und Fleischpackungen vom Restmüll zu trennen. In der privaten Recyclingstation muss nun neben Altglassack, Petflaschenbehälter, Batteriensäckchen, Altpapierkiste, Grünabfuhr und dem Restabfall auch noch dieser neue, gelbe Kollege seinen Platz finden. Beim Kochen und Aufräumen haben die Automatismen ausgedient, denn jeder Griff in Richtung Müll erfordert ab sofort eine aktive Denkleistung: grauer oder gelber Sack? Falls es die Grossen nicht so genau nehmen, schaltet sich das geschulte Kindergewissen ein, das die Eltern gerne nochmals auf die Relevanz der Thematik hinweist. Wer bei der Umgewöhnung ohne kindlichen Fingerzeig, dafür aber budgetbewusst funktioniert, kommt mit dem neuen Beutel auch auf seine Kosten, denn er lohnt sich sogar auf dieser Ebene.
So zieren diese gelben Säcke nun alle zwei Wochen die Strassen meines Wohnorts. Egal mit welcher Motivation sie verwendet werden, das Resultat ist für alle dasselbe: Wir fühlen uns etwas grüner, ja, eigentlich einfach etwas besser. Wir achten ein Quäntchen mehr auf unsere Umwelt und meinen damit die ökologische Bilanz deutlich zu verbessern. Dagegen gibt es gar nichts einzuwenden. Schliesslich muss man im Kleinen beginnen. Umwelterziehung mit Kindern zu betreiben, ist eine unterstützenswerte Sache: Sie sind unsere Zukunft!
Was bei dieser Thematik aber gerne aussen vor gelassen wird, ist die Frage des effektiven Nutzens und der Relationen. Auswertungen zum privaten Plastikrecycling weisen nämlich darauf hin, dass dem verhältnismässig kleinen ökologischen Nutzen hohe Kosten gegenüberstehen. So kann potenziell pro Person und Jahr lediglich eine 30 km lange Autofahrt gespart werden. Es ist also fraglich, ob sich dieser grosse Aufwand lohnt. Diese harten Fakten lassen die Vermutung aufkommen, dass noch andere Mechanismen im Spiel sein müssen. Helfen diese vermeintlich sinnvollen Handlungen, mit dem schlechten Gefühl der kollektiven Öko-Bilanz umzugehen? Können wir damit die Dissonanz, die das Leben in unserer Wegwerf-Gesellschaft auslöst, etwas reduzieren oder spielt das Verantwortungsgefühl zukünftigen Generationen gegenüber eine entscheidende Rolle?
Falls es mit solchen Projekten gelingt, das Bewusstsein für einen nachhaltigeren Umgang mit unseren Ressourcen zu schärfen, wird sich der Aufwand längerfristig auszahlen. In diesem Zusammenhang wäre es aber wichtig, gerade unsere Kinder nicht in einem blind geschulten Gehorsam nur Abfall trennen zu lassen. Ihnen sollte das Verständnis für die grösseren Zusammenhänge vermittelt werden, so, dass der Fingerzeig in diesem Beispiel bereits beim Einkaufen erfolgt. Dass man dabei fröhlich von der nächsten, fernen Feriendestination träumen kann, gehört zu den Widersprüchen unserer Zeit.