18 Jahre lang setzte Roger Fässler als Portfoliomanager auf Aktien, 11 Jahre davon in Singapur. Heute investiert er in seine Zukunft – der 48-Jährige absolviert die Quereinsteiger-Ausbildung zum Sekundarlehrer.

Roger Fässler, 48, studiert an der PH Zürich als Quereinsteiger auf der Sekundarstufe I. Foto: Nelly Rodriguez
Zum Zeitpunkt seiner Entscheidung war ihm nicht bewusst, wie intensiv die Ausbildung werden würde. «Es ist ein Balance-Akt zwischen Studium, Arbeit und Privatleben.» Aber für den Familienvater lohnt es sich in mehrerer Hinsicht. «Die Autonomie im Lehrberuf ist einmalig. Ich kann abends arbeiten, wenn meine drei Kids im Bett sind. Und wenn mir über Nacht spontan eine Idee kommt, kann ich diese am nächsten Tag direkt umsetzen. Solche Freiheiten hatte ich in meinem alten Job nicht.» Für seine Schülerinnen und Schüler betreibt er gerne einen Zusatzaufwand. «Einmal pro Quintal zeige ich einen Film mit Bildern von gemeinsamen Erlebnissen wie Wanderungen oder Sporttagen. Ich denke, es braucht diesen ‹Entertainment-Faktor›. Das motiviert und stärkt den Klassengeist.» Sein persönliches Highlight findet aber immer zu Beginn des Unterrichts statt: Er präsentiert der Klasse jeweils eine aktuelle News, etwa einen Fernsehbeitrag über das Gletscherschmelzen. Danach startet er eine Diskussion. «Ich sehe es als meine Aufgabe, die Jugendlichen für wichtige Themen zu sensibilisieren und ihre Meinungsbildung zu fördern.»
Roger Fässler erkennt eine Reihe von Parallelen zwischen dem Banking und der Pädagogik. Beispielsweise hilft ihm bei der Arbeit mit seiner Schwamendinger Klasse die Erfahrung in der Kundenkommunikation und im Beziehungsmanagement. Da die meisten Schülerinnen und Schüler einen Migrationshintergrund haben, stellt die Kommunikation oft eine Herausforderung dar, insbesondere mit den Eltern. «Als erste Handlung suchte ich sofort das Gespräch mit ihnen. Dieser Kontakt ist mir wichtig. Ich sehe die Klasse als Orchester, in dem auch die Eltern ein Instrument spielen. Vielleicht ist es nur ab und zu ein Paukenschlag, aber sie müssen zum richtigen Moment einsetzen», sagt er und fügt augenzwinkernd hinzu: «Zwischen Elterngesprächen und ‹Client Relationship› liegt gar kein so grosser Unterschied.»