Das Zentrum International Projects in Education (IPE) der PH Zürich führt seit über zehn Jahren Bildungsprojekte im Ausland durch. Wie sich diese Projekte entwickelt haben, hat viel mit den Geschehnissen in Europa zu tun – sowohl zu Gründungszeiten des Zentrums als auch aktuell.
Die Geschichte des Zentrums International Projects in Education (IPE) der PH Zürich beginnt 1995 mit dem Dayton-Friedensabkommen zwischen Serbien, Bosnien und Kroatien. Die USA führten die Verhandlungen und kündigten ein Demokratiebildungprojekt für diese drei Länder an. Der Europarat entwickelte daraufhin ein eigenes Programm und suchte europaweit Fachleute für ein erstes Seminar im Sommer 1996 für ganz Bosnien.
Einer dieser Experten war Rolf Gollob, der spätere Mitgründer und heutige Co-Leiter des Zentrums International Projects in Education (IPE). Zehn Jahre war er in der Folge in Südosteuropa für den Europarat engagiert, was 2006 zur Gründung des IPE und zum ersten grösseren drittmittelfinanzierten Projekt des Zentrums führte: Der Europarat wünschte sich eine Lehrmittelreihe zu Demokratie und Menschenrechten für die Primar- und die Sekundarstufe; die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) finanzierte das Projekt zusammen mit dem Europarat.
Die Demokratiebildung zieht sich wie ein roter Faden durch das Gewebe der IPE-Projekte. Aktuell führt das Zentrum ein Projekt durch zum Unterrichten von Beamten, Schulleitenden und Lehrpersonen in der Ukraine, ein Projekt zur digitalen Verbreitung der Demokratie-Lehrmittelreihe des Europarats in Süd- und Osteuropa sowie eines zur partizipativen Schulführung in denselben Regionen.
Sinn für Partizipation schärfen
Die Geschichte Europas hat das IPE nicht nur beim Thema Demokratiebildung, sondern auch bei der Berufswahlorientierung geprägt. Die vom IPE bei der Berufswahlorientierung verwendete Lernmethode des sogenannten Task Based Learning enthält viele Elemente der Demokratiebildung: Durch das selbständige Erarbeiten eines Themas und die anschliessende Teamarbeit wird auch der Sinn für die Teilnahme an der Gesellschaft und die Partizipation geschärft. Im Jahr 2007 traten Rumänien und Bulgarien der EU bei.
Wiltrud Weidinger, Co-Leiterin des IPE, und Rolf Gollob besuchten daraufhin Rumänien. Sie stellte fest, dass es keinen relevanten Berufswahlunterricht auf der Sekundarstufe gab und konzipierten ein entsprechendes Projekt. Es wurde zuerst vom Lotteriefonds und später von der DEZA unterstützt. Unterdessen unterrichten rund 200 Schulen in Rumänien den Berufswahlunterricht «Job Orientation Training for Businesses and Schools» (JOBS).
Manchmal ist es auch die Projektarbeit selbst, die zur Beschäftigung mit einem neuen Thema führt. So zeigte sich während den Projekteinsätzen in Rumänien, dass der Schulerfolg vieler Kinder aus Roma-Familien sich auch über Jahre hinweg nicht verbesserte. Es stellte sich folglich die Frage, wie man die Kinder besser fördern könnte.
Unterrichtseinheiten für Kinder in Flüchtlingslagern
Zur gleichen Zeit, im Jahre 2013, startete das Zentrum IPE ein Projekt für die Weiterbildung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern der Nichtregierungsorganisation «Chance for Children» in Ghana. Ursprünglich wollte man dort ebenfalls den JOBS-Berufswahlunterricht einführen, doch ergab dies keinen Sinn, denn Strassenkinder hatten kaum Aussicht auf eine geregelte Arbeit. Der Unterricht sollte deshalb nicht primär auf einen konkreten Beruf vorbereiten, sondern es sollte vielmehr da-rum gehen, die Selbstkompetenzen der Kinder und Jugendlichen zu stärken. Dies mit dem Ziel, sie auf das Leben in einer Gesellschaft vorzubereiten, in der sie sich hauptsächlich mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten müssen.
Zu den Selbstkompetenzen zählen Fähigkeiten wie Selbstmanagement oder Identitätsfindung. So entwickelte das IPE das Lehrmittel «ME – Discover Your Strengths and Develop Your Self-esteem». Dieses Lehrmittel wurde dann für das Projekt FACE «Families and Children in Education», das sich für die Förderung von Kindern aus Roma-Familien in Mazedonien, im Kosovo und in Rumänien einsetzt, weiterentwickelt.
So wie die Geschichte Ex-Jugoslawiens die Projektentwicklung des IPE vor zehn Jahren beeinflusst hat, so sind es gegenwärtig die grossen Migrationsbewegungen in Europa. Das Projekt «Children of Refugees in Education» (CORE) startete 2017 und hat zum Ziel, Unterrichtseinheiten für Kinder und Jugendliche in Flüchtlingslagern im Ausland zur Verfügung zu stellen. Für Flüchtlinge, die in der Schweiz unterrichtet werden, entwickelt das IPE zusammen mit der PH Bern das Lehrmittel «Start».
Bei beiden Projekten fliesst die langjährige Erfahrung des IPE in der Demokratiebildung, der Berufswahlorientierung und der Förderung der Selbstkompetenzen mit ein. Neu ist der Miteinbezug des Sprachunterrichts. Beim Projekt CORE werden die Erstsprachen Arabisch, Dari, Paschtu, Somali und Tigrinisch gefördert, beim Projekt «Start» Deutsch als Zweitsprache.