Glückssuche

«Aufgeblüht sind über Nacht Malve und Mohn» – eine Zeile aus dem Gedicht «Schlafzauber» von Anne Broger. In ihrem Gedichtband «In der Nacht steigen sie auf» (Edition Howeg 2016) finden sich viele poetisch gefasste Glücksmomente. So etwa, wenn jemand auf dem Sonnenband zu den Ufersteinen zurückschwimmt, wenn ein Platz im Süden mitten unter auffliegenden Tauben überquert wird oder wenn in den Betten Symphonien geträumt werden. Glück kann selbst im Gedicht «Nichts» entdeckt werden: Da wird ein Kapitel geschlossen, das nie geschrieben wurde.
Ungeschrieben bleibt auch das letzte Kapitel von «Kirschblüten und rote Bohnen» (Dumont 2016). Am Ende des Romans des japanischen Autors Durian Sukegawa bleibt offen, ob Sentoro, ein vorbestrafter junger Mann, der in einer Imbissbude Dorayaki – mit süsser Bohnenpaste gefüllte Pfannkuchen – verkauft, seinen Weg findet. Er lässt dem Leser jedoch die Hoffnung, dass Glück und Erfüllung zu finden sind, wenn es gelingt, sich einer Sache voll und ganz anzunehmen und diese zur eigenen zu machen.
Ähnliches empfiehlt der Philosoph und Psychologe Reinhard K. Sprenger gegen Burn-out, denn: «Wer wirklich für etwas brennt, der brennt nicht aus», heisst es in seinem Buch «Die Entscheidung liegt bei dir!» (Campus 2015). In das Burn-out wandere nur, wer Ja sage und Nein meine, wer oberflächlich in die Anpassung gehe, aber eigentlich etwas anderes wolle.Dann sei nicht «weniger arbeiten» die richtige Antwort, sondern Veränderung. Sprenger schreibt über das Glück der Freiheit und macht gleichzeitig deutlich, dass diese zu erlangen nicht nur angenehm ist. Sie hat ihren Preis.