Die Masterarbeit

Emmanouil Kioulafas geht in seiner Masterarbeit der Frage nach, wie Lebensweltbezüge bei Mathematikaufgaben die Leistungen und Einstellungen beim Aufgabenlösen beeinflussen. Dies vor dem Hintergrund der Forderung nach vermehrt lebensweltbezogenen Problemstellungen und Aufgaben. Die Stichprobe für die Untersuchung bilden 125 Schülerinnen und Schüler einer 8. Klasse. Diese lösten sowohl Aufgaben mit als auch ohne Lebensweltbezug und wurden schriftlich zu ihren Einstellungen und Vorlieben befragt. Dabei zeigte sich: Lebensweltbezüge beeinflussen die Leistungen beim Aufgabenlösen nicht. Gleichzeitig kommt Kioulafas aber auch zum Schluss, «dass lebensweltbezogene Aufgabenstellungen […] das Potenzial haben, die Nützlichkeit, und damit die Bedeutung und den Sinn der Mathematik für die Lernenden sichtbarer zu machen.» Das negative Bild, das viele Lernende von Mathematik als abstraktes Schulkonstrukt haben, könne durch den Einsatz von Lebensweltbezügen verbessert werden. Eine Voraussetzung dafür sei, dass diese genügend nah an der tatsächlichen Lebenswelt der Lernenden sind. Werden diese von den Schülerinnen und Schülern als realistisch eingeschätzt, gehe dies sogar mit einer leicht erhöhten Freude beim Aufgabenlösen einher. Sind die Lebensweltbezüge zu stark konstruiert, seien die so genannten innermathematischen Aufgabenvarianten vorzuziehen. Zu bedenken sei zudem, dass lebensweltbezogene Aufgaben ein erweitertes Vokabular sowie die Einbringung von Alltagswissen erfordern. Sie bilden damit eine Sprachbarriere und senken die Verständlichkeit, was insbesondere für Lernende mit geringer Sprachkompetenz negative Folgen habe. Abgesehen von diesem Effekt gebe es durchaus innermathematische Aufgaben, die Lernenden Spass machen. «Ein grosser Teil der Schülerinnen und Schüler schätzt es, wenn Aufgaben kompakt, verständlich und ohne lebensweltliche Überlegungen lösbar sind», so Emmanouil Kioulafas. Deutlich bevorzugt werden Aufgaben mit Lebensweltbezug hingegen beim Lernen von neuen Inhalten.
Der Autor kommt zum Schluss, dass lebensweltliche Bezüge immer unter Berücksichtigung der möglichen Effekte eingesetzt werden sollten. Dabei würden unter anderem auch die Lektionsziele eine wichtige Rolle spielen. Und: Die unkritische Propagierung von Lebensweltbezügen sei genauso abzulehnen wie die Diskreditierung von innermathematischen Aufgaben. «Ein erfolgreicher Mathematikunterricht lebt von einem ausgewogenen Einsatz beider Typen.»
Emmanouil Kioulafas hat für seine Arbeit den diesjährigen Studienpreis der PH Zürich und der Stiftung Pestalozzianum erhalten. Die Jury schreibt in ihrer Begründung: «Die Arbeit zeichnet sich durch einen stringenten Aufbau und eine konsistente Gliederung aus. Es werden interessante Befunde diskutiert, welche für die Aufgabenwahl im Mathematikunterricht sehr relevant sind. Die Schlussfolgerungen zeugen durch ihre Differenziertheit von einer eigenständigen, analytischen und engagierten Auseinandersetzung.»