Heinz Rhyn ist seit Anfang Jahr Rektor der PH Zürich. Im Interview blickt er auf seine neue Tätigkeit, die Zusammenarbeit mit dem Schulfeld und auf die Rolle der Pädagogischen Hochschulen in der Schweizer Hochschullandschaft.
Akzente: Heinz Rhyn, anfangs Jahr wechselten Sie von der PH Bern an die PH Zürich. Was ist Ihnen als neuer Rektor als Erstes aufgefallen?
Rhyn: Mir fallen vor allem Gemeinsamkeiten auf: Die noch jungen Hochschulen bearbeiten ähnliche Themenbereiche. Einerseits geht es darum, Forschung, Ausbildung, Weiterbildung und Beratung verlässlich miteinander zu verbinden. Zudem soll ein gemeinsames Verständnis einer Hochschule erarbeitet werden. Und es werden immer mehr Studierende bei sinkenden Finanzmitteln ausgebildet. Dies unter dem Gesichtspunkt laufender Anpassungen an bildungspolitische Vorgaben, schulische Bedürfnisse und gesellschaftliche Erwartungen.
Themen aus dem Schulfeld – etwa Lehrplan 21 oder Fremdsprachen – werden oft in den Medien diskutiert. Inwieweit beeinflusst die öffentliche Debatte die Agenda der PH Zürich?
Es ist ein Privileg der Pädagogischen Hochschulen, dass sich Politik, Gesellschaft und Öffentlichkeit für unsere Arbeit interessieren. Politische Vorgaben, schulische Bedürfnisse und gesellschaftliche Erwartungen beschäftigen uns daher laufend. Gleichzeitig haben wir uns als Hochschule und Expertenorganisation für Unterrichts- und Vermittlungsprozesse zunächst fachlich zu orientieren und uns zu fragen, wie diese Erwartungen erfüllt und politisch-administrative Vorgaben umgesetzt werden können. Wir beteiligen uns aber auch an den öffentlichen Debatten und bringen unsere Fachexpertise ein. Der Lehrplan 21 oder die Frage nach der Anzahl Fremdsprachen auf der Primarstufe haben Auswirkungen auf alle unsere vier Leistungsbereiche. In der Ausbildung sind Studiengänge anzupassen, besondere Weiterbildungsangebote sind zu planen und anzubieten und wir müssen auf besondere Beratungsbedürfnisse aus dem Schulfeld vorbereitet sein. Auch in der Forschung und Entwicklung ergeben sich neue Fragestellungen und Forschungsprojekte.
Neben längerfristigen gesellschaftlichen Entwicklungen ist das Schulfeld auch von unmittelbaren Ereignissen betroffen. Wie flexibel kann die PH Zürich darauf reagieren?
Gesellschaftliche und politische Ereignisse haben immer Auswirkungen auf die Schulen und somit auch auf die Pädagogischen Hochschulen. Ereignisse wie die Ankunft einer erheblichen Anzahl von Flüchtlingskindern in der Schweiz zum Beispiel fordern zunächst die Schulen und die Bildungsdirektion heraus. Von der PH Zürich werden danach unverzüglich Beratungs- und Weiterbildungsangebote eingefordert, Forschungsergebnisse nachgefragt, teilweise sogar besondere Ausbildungsmodule gewünscht. Diesen Herausforderungen müssen wir uns stellen und durch rasches und flexibles Handeln die notwendigen Hilfestellungen entwickeln. Nicht zuletzt deshalb findet unser diesjähriger Hochschultag am 3. November zum Thema «Flüchtlingskinder in der Schule» statt.
Die Pädagogischen Hochschulen sind neu Teil von swissuniversities, dem Zusammenschluss sämtlicher Hochschulrektorinnen und Hochschulrektoren. Wo stehen sie heute in der schweizerischen Hochschullandschaft?
Die Pädagogischen Hochschulen in der Schweiz haben ihre Aufbauphase weitgehend hinter sich und befinden sich im Übergang zur Konsolidierung. Sie sind zum einen dem Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetz unterstellt. Dadurch ergeben sich für die PH Zürich ausgezeichnete Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Hochschulen. Insbesondere im Bereich der Fachdidaktik sind bei uns gleich mehrere Masterstudiengänge in Planung, die zum Teil mit der Universität Zürich, der ETH, aber auch mit den Universitäten Basel und Freiburg durchgeführt werden. Zum anderen haben die Pädagogischen Hochschulen ausschliesslich kantonale Trägerschaften und lassen ihre Diplome von der EDK interkantonal anerkennen. Dadurch entsteht ein gesamtschweizerischer Arbeitsmarkt für die Lehrpersonen. Der klare Auftrag begrenzt die Hochschulautonomie und der notwendige Schulfeldbezug begrenzt eine rein akademische Ausrichtung. Die Pädagogischen Hochschulen erhalten durch diese Situierungen in der Hochschullandschaft zunehmend ein klares Profil.
Gleichzeitig muss die Lehrerbildung berufsfeldorientiert bleiben. Wie kann das gelingen?
Dies geschieht auf verschiedene Art: Das Schulfeld profitiert von der Weiterbildung und Beratung, welche ihre Angebote stets entsprechend den aktuellen Entwicklungen ausgestaltet. Es kann aber auch von Erkenntnissen aus der Forschung lernen, sofern sie Fragestellungen aus dem Berufsfeld bearbeitet. Im Übrigen stellen die Fachdidaktiken ein wichtiges Bindeglied zwischen den Anforderungen des Schulfeldes und den Ansprüchen einer Hochschule dar. Demgegenüber profitiert auch die Hochschule von der Zusammenarbeit mit dem Schulfeld. Insbesondere in der berufspraktischen Ausbildung entsteht eine Win-Win-Situation, in der das Schulfeld, die Hochschule und die Studierenden voneinander lernen.