Wie unterrichten Lehrpersonen Kunstfächer?

Wie unterrichten Studierende und Lehrpersonen Fächer im Bereich der Künste? Zwei Lehrerinnen und eine Studentin beschreiben anhand von Beispielen zu umgesetzten Projekten mit Schülerinnen und Schülern von ihren Erfahrungen.

Andrea Stieger, Sekundarlehrerin

Andrea Stieger, Sekundarlehrerin.

Ich unterrichte im Wehntal an der Sekundarschule Niederweningen unter anderem «Handarbeit textil». Das Wehntal ist eine ländliche Gegend, Traditionen haben hier eine wichtige Bedeutung. Ungeachtet dessen richte ich meinen Unterricht stets nach modernen Kriterien aus. Die Lebenswelt der Jugendlichen steht immer im Zentrum. Entsprechend orientiere ich mich in den Projekten an aktuellen Modetrends. Aktuell nähe ich ein Sweatshirt. Die Beherrschung der korrekten Technik ist mir dabei wichtig, sie bildet einen von mehreren Beurteilungspunkten, steht jedoch nicht alleine im Vordergrund. Genauso zentral ist, dass die Jugendlichen im Unterricht die Hintergründe der Herstellung eines Kleidungstücks kennen lernen. Den gestalterischen Prozess halte ich so offen, wie ich es für sinnvoll erachte. In einem ersten Schritt bringen die Schülerinnen und Schüler je nach Thema beispielsweise Bilder von Kleidungsstücken mit, die ihnen gefallen, oder ich gebe ihnen die Gelegenheit, verschiedene Materialien auszuprobieren. Bei der Umsetzung des konkreten Gestaltungsauftrags gebe ich einiges vor – beispielsweise das textile Verfahren. Die Schülerinnen und Schüler erhalten jedoch möglichst viel Spielraum und können zum Beispiel die Materialien selber wählen. Wichtig ist mir dabei, dass die Jugendlichen ihre Wahl begründen können. Der Kompetenzbereich «Wahrnehmung und Kommunikation» hat im didaktischen Konzept unserer Schule eine wichtige Bedeutung. Ich bin davon überzeugt, dass diese Form des Unterrichts auch eine wichtige persönlichkeitsbildende Wirkung hat und die Jugendlichen im Lernprozess unterstützt, sich differenziert und kritisch mit aktuellen Thematiken auseinandersetzen zu können.

 

Ladina Carigiet, Studentin Kindergartenstufe.

Ladina Carigiet, Studentin Kindergartenstufe.

Ich studiere an der PH Zürich im vierten Semester auf der Kindergartenstufe. Im vergangenen Mai konnte ich im Rahmen meines siebenwöchigen Quartalspraktikums in einem Kindergarten in Wülflingen wichtige Erfahrungen im Bereich «Kunst und Design» sammeln. Gemeinsam mit meiner Praktikumspartnerin habe ich dort mit den Schülerinnen und Schülern ein Seifenkistenprojekt umgesetzt. Wichtiger als das Ergebnis war uns, dass wir einen kreativen Prozess bei den Kindern auslösen konnten. Von uns vorgegeben war, dass die Kiste fahrtüchtig sein muss. Alles andere wie beispielsweise die Farben oder das Thema mussten die Kinder untereinander in der Gruppe absprechen. Deshalb hatten wir Lehrerinnen nur das Nötigste vorbereitet: den Unterbau sowie die Achse der Kiste. Die Kinder bauten aus Holz und Styropor selbständig den Überbau. Sie arbeiteten dabei in drei Gruppen. Das war bereits die erste grosse Herausforderung. Die Kinder mussten lernen, Kompromisse zu machen. Es hat sich gezeigt, dass die Kinder aufgrund der Freiheiten, die wir ihnen gegeben haben, viel motivierter zur Sache gegangen sind. Ein wichtiger Punkt war die Zusammensetzung der Gruppe. Wir hatten darauf geachtet, dass in jeder Gruppe Buben und Mädchen sind, welche die Werkzeuge bereits gut beherrschen. So konnten sich die Kinder gegenseitig unterstützen. Sie profitierten dadurch auch auf der sozialen Ebene. Interessant zu beobachten war, wie die Kinder eigene Problemlösungsstrategien entwickelten: Einmal musste ein Junge eine Agraffe entfernen. Er versuchte es mit der Zange. Als dies nicht funktionierte, probierte er es mit dem Schraubenzieher, und mit der entstandenen Hebelwirkung klappte es. Das Projekt war ein toller Erfolg.

 

Prisca Mosimann, Primarlehrerin.

Prisca Mosimann, Primarlehrerin.

Ich habe im Juni mein Studium zur Primarlehrperson an der PH Zürich abgeschlossen und starte jetzt mit einer 4. Klasse in Winterthur. Die künstlerische Betätigung ist mir ein grosses Anliegen und ich freue mich sehr darauf, Bildnerisches Gestalten und Werken zu unterrichten. Meine Erfahrung in den Ausbildungs-Praktika war, dass sich die Schülerinnen und Schüler gut für Kunst begeistern lassen. Begabung oder ein spezielles Interesse ist keine Voraussetzung für eine erfolgreiche künstlerische Betätigung. Von wichtiger Bedeutung hingegen ist die Wahl des Themas. Dieses muss einen Bezug haben zur Lebenswelt der Kinder. Ein solches Thema zu finden ist nicht immer ganz einfach und braucht oft Zeit. In meinem Lernvikariat habe ich beispielsweise das Thema Bewegung gewählt. Die Kinder erhielten von mir unter anderem die Aufgabe, sich selber in Bewegung zu zeichnen. Das hat sehr gut geklappt. Mir ist wichtig, dass die Kinder eine eigene Bildsprache entwickeln. Ich möchte nicht, dass am Ende alle Zeichnungen gleich aussehen, und zeige deshalb zum Beispiel nie eine Musterlösung vor. Eine gute Einstiegsmöglichkeit in ein neues Thema ist die verbale Auseinandersetzung damit, zum Beispiel indem die Kinder Werke von verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern betrachten und man diese gemeinsam bespricht. Zweifelsohne ist in einem zeitgemässen Kunstunterricht die Orientierung am künstlerischen Prozess bedeutsamer als das Produkt. Gleichwohl ist es mir ein wichtiges Anliegen, dass die entstandenen Werke eine entsprechende Würdigung erhalten. Dazu bespreche ich beispielsweise mit der Klasse jeweils Präsentationsformen, die eine möglichst starke Wirkung entfalten.