
Raim Idrizovic, Leiter Arbeitsstelle für Lehrplan und Lehrmittel (ALM) der PH Zürich
Akzente: Die ALM ist Drehscheibe für sämtliche Lehrmittelprojekte an der PH Zürich. Was heisst das genau? Idrizovic: Die PH Zürich beteiligt sich seit ihrer Gründung an der Entwicklung von Lehrmitteln. Die ALM übernimmt dabei eine Koordinationsfunktion. Dazu ein Beispiel: Bei der Entwicklung der obligatorischen Lehrmittel erteilt der Bildungsrat des Kantons Zürich in der Regel dem Lehrmittelverlag Zürich (LMV) den Auftrag. Dieser gelangt dann an die PH Zürich, welche in dessen Auftrag das Lehrmittel-Manuskript erstellt. In dieser Dreiecksbeziehung nimmt die ALM auf Seite PH Zürich die Vermittlerrolle ein, führt die Verhandlungen, nominiert die Projektleitung, begleitet das Projektteam und verantwortet Finanzen und Ressourcen.
Akzente: Initiiert die PH Zürich auch von sich aus Lehrmittelprojekte?
Idrizovic: Ja, bei den nicht obligatorischen Lehrmitteln. Ein aktuelles Beispiel ist das Geografie-Lehrmittel für die Sekundarstufe 1 «Weltsicht».
Akzente: Wer ist neben den erwähnten drei Beteiligten ‒ Bildungsrat, Lehrmittelverlag, PH Zürich ‒weiter in die Entwicklung involviert?
Idrizovic: Eine wichtige Funktion nehmen die Lehrerverbände und die Lehrpersonen ein, die als Fachexpertinnen und Fachexperten mitarbeiten. Ihre Mitwirkung ist seit Inkrafttreten des neuen Lehrmittelpolitik des Kantons Zürich per Schuljahr 2014/15 obligatorisch und beginnt zu einem frühen Zeitpunkt der Entwicklung – zum Beispiel in Form von Hearings zu den didaktischen Konzepten. Diese Rückmeldungen aus der Praxis fliessen in die Manuskripte mit ein. Dadurch steigt die Praxistauglichkeit sowie die Akzeptanz der Lehrmittel.
Akzente: Wie gross ist der Gestaltungsspielraum für die Entwicklerinnen und Entwicklern angesichts der verschiedenen Interessen, die zu berücksichtigen sind?
Idrizovic: Sehr gross. Bei der Erstellung des didaktischen Konzepts besteht ein breiter Spielraum. Für die Dozierenden ist die Entwicklung eines Lehrmittels oft eine Art Lebensprojekt, welches viel Ehre bedeutet, aber auch mit grossem Druck verbunden ist, da die Projekte lang und intensiv sind. Die Anforderungen steigen stetig, beispielsweise was die digitale Lerninhalte, Kompetenzorientierung sowie Binnendifferenzierung betrifft.
Akzente: Wie viele Lehrmittel sind an der PH Zürich seit ihrer Gründung entwickelt?
Idrizovic: Insgesamt sind es rund 25 Lehrmittel für die Volksschule, davon befinden sich sieben Titel noch in Entwicklung. Mehrere Lehrmittel wurden international ausgezeichnet.
Akzente: Neben der Beteiligung an der Lehrmittel-Entwicklung hat die ALM weitere Tätigkeitsfelder. Welche sind das?
Idrizovic: Wir sind an der Evaluation sowie der Einführung von Lehrmitteln beteiligt. Die Evaluation findet in zwei Phasen statt. Die erste Phase – die so genannte formative Evaluation, beziehungsweise integrale Erprobung – ist Teil der Entwicklung. Dabei wird eine erste Version des Lehrmittels von Schulklassen erprobt, die Rückmeldungen fliessen in die weitere Entwicklung ein. In diesem Bereich verfügt die PH Zürich mit dem Zentrum für Schulentwicklung über viel Knowhow. Die ALM nimmt auch hier eine Vermittlerrolle ein. Die zweite Phase schliesslich – die summative Evaluation – wird durchgeführt, wenn das Lehrmittel einige Jahre in der Praxis angewendet wurde. Dabei geht es unter anderem darum zu überprüfen,  ob es den aktuellen Anforderungen in der Schule entspricht.
Akzente: Was ist Ihre Rolle bei den Lehrmittel-Einführungen?
Idrizovic: Die PH Zürich führt für verschiedene Lehrmittel-Weiterbildungsangebote durch. Die ALM ist für deren Organisation und Koordination zuständig. Dabei machen wir die Erfahrung, dass die Lehrpersonen diese Kurse gerne besuchen, wenn das Lehrmittel in der Praxis einen guten Ruf hat. Bei der Einführung des kürzlich erschienenen Mathematik-Lehrmittels für die Primarstufe beispielsweise wurden wir von Anmeldungen beinahe überschwemmt.
Akzente: Das strategische Projekt «Lehrplan 21/Kompetenzorientiertes Unterricht» ist ebenfalls in der ALM integriert. Was sind die Gründe dafür?
Idrizovic: Die Überlegung bei der ALM-Gründung war, dass alle Projekte im Zusammenhang mit Lehrmitteln und dem Lehrplan 21 zentral geführt werden, damit wir Synergien nutzen können Viele Lehrmittel wurden und werden im Hinblick auf den Lehrplan 21 neu entwickelt oder überarbeitet.