In dreizehn Interviews mit verschiedenen Expertinnen und Experten werden mit Blick auf Inklusion die Chancen und Risiken, die Stärken und Schwächen der heutigen Schulpraxis in Deutschland ausgelotet. Die Umsetzung von «Inklusion» gilt als eine der grössten Reformen in der deutschen Bildungsgeschichte, denn ihr steht die Realität institutionalisierter Segregation gegenüber. Dies zeigt sich in der nur vierjährigen Grundschule, dem stark gegliederten Schulsystem und den hohen Förderraten. Unterschiedliche Zugänge, Erfahrungen, Positionen und Argumentierungslinien illustrieren die Mehrstimmigkeit der deutschen Inklusionsdebatte. Der gewählte dialogische und narrative Zugang zum Thema gibt Raum, um Standpunkte zu erkunden und Gedanken zu vertiefen. Dabei entsteht ein lesenswertes Panorama zur Inklusionsdebatte, zu dessen Vielfalt nicht nur verschiedene Fachpersonen aus Wissenschaft und Praxis, sondern auch Eltern, Betroffene und Schriftsteller beitragen. Zentrale Themen der Gespräche sind die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die Überforderung respektive fehlende Qualifizierung von Lehrpersonen, Probleme des zielgleichen Unterrichts, Bedeutsamkeit der Beziehungspflege und Willkommenskultur in den Schulen sowie generell der Umgang mit Diversität im deutschen Bildungssystem. Als grundlegende Herausforderung wird immer wieder die Leistungsorientierung genannt: die Schulen ermöglichen zu wenig grundsätzliches Begreifen; zu schnell heisst es «das ist so, und fertig». Wer sich schnell einen leicht lesbaren Überblick über die heute kontrovers diskutierten Aspekte von Inklusion verschaffen möchte, ist mit diesem kleinen Band gut bedient. Einfache Lösungen hingegen werden – zu Recht – keine angeboten.
Wie Inklusion in der Schule gelingen kann
Katja Irle. Wie Inklusion in der Schule gelingen kann – und warum manche Versuche scheitern. Interviews mit führenden Experten. Weinheim u. Basel: Beltz, 2015. 141 Seiten.