Christoph Kolumbus, wer kennt ihn nicht, den grossen Entdecker und Eroberer. Diese letztgenannten beiden Begriffe stehen am Anfang der Masterarbeit von Franziska Basler, Studentin auf der Sek 1. Aber was war er denn nun, Entdecker oder Eroberer? Laut Duden stecken ganz verschiedene Bedeutungen hinter diese beiden Worten, ein Entdecker kann Begründer oder sogar Schöpfer sein, ein Eroberer hingegen Aggressor oder auch Kriegstreiber. Schwerpunkt der Masterarbeit bildet die Analyse der Darstellung von Christoph Kolumbus in den obligatorischen Geschichtslehrmitteln des Kantons Zürich von 1872–1988. Franziska Basler untersuchte und verglich in sechs Geschichtslehrmitteln hauptsächlich die Darstellung davon, wie Christoph Kolumbus die indigene Bevölkerung behandelte. Mit der Aufschlüsselung dieser Darstellungen gelingt es der Autorin, für das jeweilige Lehrmittel eine plausible Antwort zu geben, ob Christoph Kolumbus darin als Entdecker oder Eroberer beschrieben wird. Dabei machte sie eine überraschende Entdeckung: Die Unterschiede in der Darstellung Kolumbus’ in den verschiedenen Lehrmitteln in dem doch beträchtlichen Zeitraum von 1872 bis 1988 fallen kaum auf, Kolumbus wird durchgehend als Entdecker dargestellt. Auch am Image von Christoph Kolumbus kratzt keines der Lehrmittel, sie lassen ihn weiterhin als heldenhafte Persönlichkeit auftreten. Das neueste Lehrmittel aus dem Jahre 1988 macht da keine Ausnahme, Kolumbus’ Entdeckung nimmt sehr viel mehr Raum ein als die Situation der indigenen Bevölkerung. Zu ihrem traurigen Schicksal fliessen zwar einige Aspekte ein, das Ausmass ihres Leidens wird aber nicht übersichtlich und schlüssig dargestellt.
Aufgrund dieser Erkenntnisse muss die Darstellung in den Lehrmitteln im Geschichtsunterricht immer wieder kritisch hinterfragt werden, kommt Franziska Basler zum Schluss. Dies kann eine grosse Chance sein. Schülerinnen und Schüler haben durch die regelmässige Präsenz von Kolumbus in den Medien einen Bezug zu dem Thema. Dies erleichtert ihnen die Diskussion darüber, wie ein solches Bild und ein solcher Mythos entstehen, welche Beweggründe dahinter stecken und was dazu führt, dass diese Bilder und Mythen sogar in den obligatorischen Lehrmitteln teilweise festgehalten werden.
«In Franziska Baslers Masterarbeit ‹Darstellung Christoph Kolumbus’ in den Zürcher Geschichtslehrmitteln seit 1872. Heldenhafter Entdecker oder brutaler Eroberer› macht die exemplarische Analyse einer der weltweit berühmtesten historischen Persönlichkeiten besonders eindrücklich deutlich, dass Schulbücher wissentlich vom zeitgenössischen Forschungsstand abweichen können und so eine populäre Heldengestalt der kritischen Auseinandersetzung entziehen können», sagt Sabina Brändli, Dozentin auf der Sekundarstufe 1 an der PH Zürich und Betreuerin von Franziska Baslers Masterarbeit.