Das Thema Belastung ist in der Schule allgegenwärtig. Die Beratungen dazu haben auch an der PH Zürich zugenommen. Der langjährige Berater Jürg Frick kennt mögliche Auswege aus schwierigen Situationen.
Fordernde Väter und Mütter, anspruchsvolle Kinder, dazu die administrativen Aufgaben: Die Liste an möglichen Ursachen für Überforderungen in der Schule ist lang. Jürg Frick von der PH Zürich berät seit vielen Jahren Lehrpersonen und Schulleitende zu diesem Thema. Er sagt: «Ich beobachte eine starke Zunahme an Fällen, bei denen sich die Belastungen gesundheitlich negativ auswirken.» Zwar seien viele dieser belastenden Faktoren nicht neu, zugenommen habe aber deren Intensität. Beispielsweise habe die Zeit zugenommen, mit der sich Lehrpersonen und Schulleitungen mit den Anliegen von Eltern auseinandersetzen müssen.
Anzeichen von Ãœberforderung ernst nehmen
Frick beobachtet, dass die Lehrpersonen und Schulleitungen sehr unterschiedlich mit den veränderten Bedingungen umgehen. Einige vermögen die zusätzlichen Anforderungen zu bewältigen, andere sind überfordert. Immer wieder komme es vor, dass Lehrpersonen weiter unterrichten, obwohl sie bereits erschöpft sind. «Häufig plagt sie ein schlechtes Gewissen gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen, da diese im Krankheitsfall einspringen müssen, obwohl sie selber allenfalls sehr stark beansprucht sind.»
Spüren Lehrerinnen und Lehrer, dass sie nicht mehr klarkommen, müssten sie reagieren – und zwar möglichst rasch. Die ersten Anzeichen für eine Überlastung seien vielfältig. Gefährdet sei, wer beispielsweise seine Hobbys vernachlässige, schlecht schlafe oder ständig am Grübeln sei und nicht mehr abschalten könne. «Die erste Ansprechperson ist dann die Schulleitung. Gemeinsam gilt es nach einer Lösung zu suchen.» Oft stünden die auftretenden Schwierigkeiten in Zusammenhang mit fehlenden Ressourcen – beispielsweise für zusätzliche IF-Lektionen. In diesen Fällen könne die Schulleitung wenig unternehmen, da der finanzielle Spielraum oft klein sei. Frick rät den Lehrpersonen, in solchen Situationen auch einmal den Schritt Richtung Schulpräsidium zu wagen. «Ich kenne Schulpräsidentinnen und Schulpräsidenten, denen die Gesundheit ihrer Lehrpersonen ein wichtiges Anliegen ist.» Dementsprechend seien sie auch dazu bereit, trotz angespannter finanzieller Lage Mittel bereitzustellen – beispielsweise für Beratungen oder für Entlastungen.
Ärger darf sich nicht unausgesprochen anstauen
Die PH Zürich stellt Lehrpersonen und Schulleitungen unterschiedliche Beratungsmöglichkeiten zur Verfügung. Diese reichen von Einzelberatungen bis hin zu Beratungen von ganzen Teams. «Wir führen regelmässig Evaluationen unserer Angebote durch. Diese fallen in den meisten Fällen positiv aus. Die Lehrpersonen und Schulleitenden kehren gestärkt an den Arbeitsplatz zurück.»
Jürg Frick kennt verschiedene Möglichkeiten, wie Lehrpersonen und Schulleitende trotz der hohen Belastung gesund bleiben können und somit gar nicht erst in eine belastende Situation geraten. «Am wichtigsten ist der Austausch untereinander. Hat eine Lehrperson beispielsweise Schwierigkeiten mit bestimmten Schülern, muss sie mit anderen Personen in oder ausserhalb der Schule darüber reden können. Der Ärger darf sich nicht unausgesprochen innerlich anstauen.» Frick rät Schulen, Austauschgefässe dafür zu schaffen. Diese dürften jedoch nicht zu einer neuen zusätzlichen zeitlichen Belastung führen, sondern müssten anstelle eines bereits bestehenden Termins eingesetzt werden.
Von Bedeutung sei zudem, dass Lehrpersonen wie Schulleitende Prioritäten setzen. «Viele Lehrerinnen und Lehrer setzen zu hohe Ansprüche an sich selber. Es ist wichtig, sich zu überlegen, was und wie viel man tatsächlich leisten kann.» Ein weiteres Mittel sei, sich hin und wieder bewusst zu machen, was gut läuft in der Schule. Frick: «Dies kann das Selbstvertrauen stärken und entlastend wirken.» Nicht zuletzt rät Frick zu etwas mehr Gelassenheit im Umgang mit den beruflichen Herausforderungen: «Manchmal hilft es, die Dinge mit Humor zu nehmen.»