Akzente: Was sind die Schwerpunkte des ZSE?
Zala-Mezö: Uns interessiert, wie sich Schulen weiterentwickeln und wie dabei die Prozesse ablaufen. Wir versuchen, Faktoren zu ermitteln, die Weiterentwicklungen behindern oder unterstützen. Im Zentrum unserer Untersuchungen stehen dabei stets Projekte, an welchen das ganze Team einer Schule beteiligt ist.Akzente: Können Sie ein Beispiel nennen?
Zala-Mezö:Entwicklungen können von der Schule selber initiiert oder durch externe Faktoren ausgelöst werden. Ein gutes Beispiel für letzteres ist der Lehrplan 21. Wird dieser eingeführt, müssen Schulen darauf reagieren. Das Team wird einen Weg finden müssen, wie sie mit den Neuerungen umgeht. Ein wichtiger Aspekt dabei ist das Thema Kooperation und die Frage danach, wie die Lehrpersonen voneinander profitieren können – beispielsweise bei der Entwicklung von kompetenzorientierten Unterrichtsformen. Ziel ist, dass die Lehrpersonen nicht bloss Unterrichtsmaterialen austauschen, sondern gemeinsam Lösungen erarbeiten. Bei Entwicklungen braucht es Zeit für gemeinsame Lernprozesse. Dieser Prozess muss geführt werden. Es braucht eine Person, die ihre Aufmerksamkeit permanent diesem Thema widmet.
Akzente: Ist dies zwingend die Schulleitung?
Zala-Mezö: Nein, nicht unbedingt. Die inhaltliche Verantwortung kann an eine Lehrperson delegiert werden. Dies gilt für alle Arten von Projekten. Denn häufig sind Schulleitungen stark überlastet. Es ist wichtig, dass sie Kompetenzen abgeben und, ebenso wichtig, dass sie Prioritäten setzen. Schulleitungen müssen lernen, bei Anfragen für Projekte Nein zu sagen. Wir erleben es oft, dass in Schulen zu viele Dinge gleichzeitig laufen. Deshalb sollten Schulleitungen Schwerpunkte setzen.
Akzente: Kennen Sie Beispiele von Projekten, bei denen Lehrpersonen die Führung übernommen haben?
Zala-Mezö: Wir arbeiten im ZSE zurzeit an einer Evaluation eines Projekts zur Weiterentwicklung des naturwissenschaftlich-technischen Unterrichts, dem SWiSE-Projekt. Dabei setzen die teilnehmenden Schulen einen Schwerpunkt im Bereich der Naturwissenschaften, jeweils zwei Lehrpersonen pro Schule übernehmen die inhaltliche Verantwortung. Dies ist für mich ein gelungenes Beispiel dafür, wie Schulleitungen Führungsaufgaben teilen können.
Akzente: Nimmt die Belastung von Lehrpersonen nicht noch zu, wenn sie zusätzlich Projekte leiten?
Zala-Mezö: Nicht zwingend. Einerseits werden die Lehrpersonen bei solchen Aufträgen oft mit ein bis zwei Wochenlektionen entlastet. Andererseits ist es wichtig, dass sich die Schule nicht mit zu vielen Projekten beschäftigt. Gelingt es Schulen, sich auf bestimmte Schwerpunkte im Schulprogramm zu konzentrieren und Austauschgefässe zu schaffen, in denen sich das Team gemeinsam mit diesen Projekten auseinandersetzen und kooperative Lösungen erarbeiten kann, hält sich die Belastung für die Projektleitenden im Rahmen.
Akzente: Gibt es bereits Resultate aus der SWiSE-Evaluation?
Zala-Mezö: Nein, wir stehen mitten in der Auswertung. Es gibt jedoch Erkenntnisse aus einem ähnlichen Projekt zum Thema Umweltbildung. In diesem Projekt ist die Verantwortung jeweils einer Lehrperson aus dem Team zugetragen. Es zeigt sich, dass diese Art des Delegierens den Schulen nicht fremd ist. Es bestehen jedoch noch in vielen Schulen Unklarheiten. Eine wichtige Frage lautet beispielsweise, wie weit die Kompetenzen der Lehrpersonen reichen und wie sie diese einsetzen. Viele Lehrerinnen und Lehrer sind hier eher zurückhaltend. Die Hierarchien in den Schulen sind sehr flach. Auch die Schulleitungen mussten sich damals ihre Funktion als Führungsperson erarbeiten. Der nächste Schritt ist, dass dies auch Lehrpersonen gelingt.