Wunderschöne Landschaften, idyllische Landhäuser, freundliche Menschen und ein interessantes Schulsystem – so erlebte Jasmina Rütsche, Studentin auf der Primarstufe an der PH Zürich, ihr Fremdsprachenpraktikum im schottischen Dorf Reston.
Hektisch ging es zu und her, bevor Jasmina Rütsche nach Schottland fliegen konnte. Denn ihr dreiwöchiges Assistant Teachership an der Reston Primary School schloss sich nahtlos an das siebenwöchige Quartalspraktikum an. «Das war sehr anstrengend», erinnert sie sich. Und dann kam schon wieder etwas total Neues, es war ihr fast zu viel. «Ich hatte keine Zeit, grosse Erwartungen zu entwickeln, hatten wir doch alle Hände voll zu tun, die Vorfreude kam etwas zu kurz.» Und dies, obwohl Schottland ihr Wunschziel war.
Ihre Stimmung änderte sich aber in dem Moment, als sie Louise Sanders, Schulleiterin der Reston Primary School, kennenlernte. Jasmina Rütsche lebte während ihres Aufenthalts im Haus der Schulleiterin. «Das war einfach toll, wie Louise Sanders mich bewirtete, betreute, mit mir Ausflüge unternahm und mich ihrem ganzen Freundeskreis vorstellte», sagt sie mit grossem Enthusiasmus. Dies, obwohl es ihr zu Beginn etwas mulmig war bei der Vorstellung, bei der Schulleiterin zu wohnen. «Das hätte ich mir in der Schweiz nicht vorstellen können, schliesslich ist die Schulleiterin ja auch Vorgesetzte.»
Schulalltag ohne Druck
Die Reston Primary School, an der Jasmina Rütsche die nächsten drei Wochen als Assistenzlehrperson verbrachte, ist eine sehr ländliche und eher kleine Schule mit rund 70 Schülerinnen und Schülern. Die drei Klassen werden altersgemischt geführt. Auf das schottische Schulsystem war die Studentin sehr gespannt, obwohl sie nicht wirklich grosse Unterschiede zum schweizerischen erwartete. Dies entpuppte sich als falsche Vorstellung. Der Morgen begann etwas militärisch mit der sogenannten Assembly – alle Kinder versammelten sich in Reih und Glied zur Begrüssung –, dann ging es aber sehr spontan und offen weiter. Trotz einem eher formellen Umgang mit den Kindern, der durch die Kleidung der Lehrpersonen mit Anzug und Krawatte unterstrichen wurde, empfand Jasmina Rütsche den Schulalltag als eher unstrukturiert. Das hatte sie etwas überrascht. «Es war nicht zu vergleichen mit einer Schule im Kanton Zürich, hier geht alles sehr strukturiert und planmässig vor sich, mit Jahres-, Quartals-, Wochen- und Tagesplanung», sagt sie. Besonders fiel Jasmina Rütsche aber auf, dass es kaum Frontalunterricht gab, meistens fand der Unterricht in Gruppen statt.
Den Lehrplan mussten die Lehrpersonen zwar einhalten, wie sie den Unterricht gestalten, wurde aber ganz ihnen überlassen. Sie arbeiteten beispielsweise ohne Stundenplan, das überraschte Jasmina. Die Lehrpersonen entschieden sich spontan, welches Fach als nächstes unterrichtet wurde. «Mir kam alles sehr entspannt vor, die Kinder waren motiviert und fleissig», fasst sie zusammen, «es herrschte bedeutend weniger Druck als bei uns an der Primarstufe.» Noten würden die Schülerinnen und Schüler erst ab der Sekundarstufe erhalten.
So wie die Lehrpersonen waren auch die Schülerinnen und Schüler alle gleich gekleidet. «Die Schuluniformen sorgen dafür, dass niemand wegen der Kleidung ausgeschlossen wird», sagt sie. Dies habe sie sehr geschätzt. Die formelle Kleidung der Lehrpersonen empfand sie als positiv, man strahle damit etwas ganz anderes aus – sie gebe aber trotzdem zu, dass sie selbst ein bequemes T-Shirt einer Bluse vorziehe.
Nebst ihrer hauptsächlichen Tätigkeit als Assistenzlehrperson musste Jasmina drei Lektionen selbständig vorbereiten und durchführen. Die Schweiz als Thema im Bereich «Mensch und Umwelt» habe sich dafür aufgedrängt. Ihre Lektionen führte sie in allen drei Klassen der Schule durch, in der Eingangsstufe und den beiden Primarstufen. «Das war megalässig, ich habe einen Postenlauf organisiert und die beliebtesten Schweizer Menus und die Tierwelt vorgestellt, vieles davon habe ich in Rätsel verpackt», erinnert sich Jasmina. Dass in der Schweiz so viele Sprachen gesprochen werden, sorgte für eine grosse Überraschung, die Kinder konnten sich das gar nicht vorstellen. Zum Schluss sangen sie noch ein Lied miteinander – «Äs Burebüebli mag i nöd», der schottische Akzent war dabei unüberhörbar. Sie musste im Gegenzug ein schottisches Lied lernen, «das war eine echte Herausforderung.»
Mehr als nur sprachlich profitiert
«Ich kann mich jetzt viel besser und klarer ausdrücken auf Englisch, vor allem, wenn ich Anweisungen gebe in der Klasse», sagt Jasmina im Rückblick auf das Praktikum. Aber in erster Linie sei es ein kultureller Austausch gewesen, sie habe es interessant gefunden, ein anderes Schulsystem kennenzulernen, sich in ein Schulhausteam einzufügen, vor einer total fremden Klassen zu stehen und sich auch zu behaupten: «Diese Erfahrungen sind für mich persönlich der grösste Gewinn.»