Die Welt ist komplex – das Leben kompliziert. Eine Fülle an Daten und Informationen macht die Sache nicht einfacher. Oft verstellen die Details sogar den Blick aufs Ganze. Zum Glück ist unser Hirn aber so angelegt, dass wir in der Komplexität Muster erkennen und intuitiv das Wesen der Dinge erfassen. In seinem Buch Simplicity (NZZ Libro 2015) erzählt Benedikt Weibel von faszinierenden Fallbeispielen und erhellenden Erfolgsgeschichten. Sein Loblied auf die Einfachheit verhehlt dabei nicht, dass der Weg zur simplen Lösung nicht selten beschwerlich und verworren verläuft. Wer Vielschichtiges reduzieren will, muss sich durch die Tiefen der Komplexität hindurch kämpfen. Einfachheit liegt eben nicht an der Oberfläche.
Wie wir rasch zu Entscheidungen gelangen und Komplexität austricksen, untersucht Daniel Kahneman in Schnelles Denken, langsames Denken (Pantheon 2014). Der Psychologe und Nobelpreisträger geht kognitiven Verzerrungen auf den Grund und zeigt, wie Vereinfachungen unser Urteilsvermögen trüben. Die Denkfehler bringen zwar Vorteile, aber bei manchen Aufgaben lohnt es sich, mehr als das Bauchgefühl zurate zu ziehen.
Was es bedeutet, wenn Komplexität die Oberhand gewinnt und Details nicht mehr gefiltert werden, zeigt die dreiteilige Reportage Expedition ins Gehirn (DVD 2006 / YouTube). Superbegabte lösen extreme Rechenaufgaben im Kopf, verfügen über ein gigantisches Erinnerungsvermögen oder sind masslos kreativ. Aber viele dieser Genies leiden unter Autismus und sind den einfachen Anforderungen des Alltags kaum gewachsen.