Hier steht sonst eine Kolumne. In Absprache mit der Redaktion habe ich beschlossen, diesmal einen Beitrag zu verfassen, den ich mehr als dringlichen Vorstoss denn als erheiternde Kolumne verstanden haben möchte.Ich muss in eine Debatte eingreifen, die in jüngster Zeit an Schärfe gewonnen hat. Richtig: Es geht um die Frage der korrekten Kleidung der Lehrpersonen, deren Stand eine Wochenzeitung kürzlich unter dem prägnanten Titel «Schlabber-Pädagogen» zusammengefasst hat. Erlauben Sie mir bitte, das Problem kurz zu umreissen, in der Folge die «Kreuzlinger Empfehlungen» vorzustellen und schliesslich einen eigenen Ansatz zu skizzieren.
Zum Problem: Bekanntlich verwalten wir Lehrpersonen das Erbe der Achtundsechziger-Generation. Das mag sich harmlos manifestieren, zum Beispiel in der Gewohnheit, Adornos Diktum «Das Individuum überlebt heute nur als Kraftzentrum des Widerstands» zu bemühen, wenn im Lehrerzimmer die Kaffeemaschine ausfällt. Aber offenbar bricht immer noch die Attitüde der Auflehnung gegen Autoritäten durch, wenn wir am Morgen in den Kleiderschrank greifen. Weder bürgerliche Konventionen, noch das kurzlebige Diktat der Mode lassen wir gelten, wenn wir im ausgetragenen Shirt von gestern, in verwaschenen Jeans und unförmigen Sandalen vor die Klasse treten. Das wird schlecht verstanden: Nach dem Elternabend machen sich die Familien tuschelnd und kopfschüttelnd auf den Heimweg, und die Kinder fühlen sich betrogen, wenn der Lehrer im Kapuzenpullover oder in den Farben des FC Porto mit ihnen zur Schulreise aufbricht.
Die Diagnose ist stichhaltig: Geht nicht, hallte es in den vergangenen Monaten durch Blätterwald und Glasfasernetz. Und prompt: Ohne falsche Nostalgie buchten die Schulen im thurgauischen Kreuzlingen einen versierten Stilexperten. Dieser schaffte offenbar das Wunder, den Weiterbildungstag mit diesem sperrigen Publikum nicht in einen Tumult münden zu lassen. Im Gegenteil. Mit den «Kreuzlinger Empfehlungen» wurde ein Meilenstein in der Geschichte der Lehrerkonfektion formuliert, dessen Profil zugleich sanft und bestimmt daherkommt: saisonunabhängig konsequent verhüllte Männerbeine und -füsse; freie Unterschenkel und Füsse bei den Frauen, sofern diese gepflegt sind; keine engen Blusen und weiten Freizeithemden; absolut keine Gnade bei sichtbaren Achselhaaren, Flipflops und Adiletten.
Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, finden viele, und zwar von den Vertretern der Lehrpersonen-Verbände bis zu den Studierenden der Pädagogischen Hochschulen. Und hier muss ich resolut nachhaken: «Kreuzlingen» markiert zwar einen Wendepunkt, bleibt aber ohne greifbare Folgen, weil er uns Lehrpersonen mit unserem schlechten Geschmack dennoch allein lässt. Das können wir Zürcher besser, und damit bin ich bei meinem Vor- stoss angelangt: Die Lösung liegt in Schuluniformen für Lehrpersonen. Ich freue mich, mit diesem lapidaren Vorschlag die Debatte einer ab- schliessenden Lösung näherzubringen. Einzelheiten überlasse ich den Fachleuten. Nicht verhandelbar ist nur: Die Uniform wird in frohem Züriblau und strahlendem Weiss leuchten, und jeder Wochentag erhält eine eigene Ausgestaltung, womit Nachlässigkeiten beim Waschen vermieden werden können. Die Finanzierung wird wohl über Lohnprozente zu erfolgen haben. Dies wird sich aber bestimmt durch das Sponsoring durch ein Modehaus abfedern lassen.
So, nun muss nie mehr irgendjemand etwas zum Dresscode für Lehrpersonen schreiben. Gern geschehen.
Die Lösung ist blauweiss
Mario Bernet ist Primarlehrer im Schulhaus Sihlfeld und Praxisdozent an der PH Zürich.