Eine Frage, drei Antworten: Wie setzen Sie Strafen ein?

Manuel Wirth, 25, Sekundarlehrer, Schulhaus Eichi, Niederglatt.

Manuel Wirth, 25, Sekundarlehrer, Schulhaus Eichi, Niederglatt.

Ich unterrichte seit einigen Wochen eine 1. Sekundarklasse als Klassenlehrer, und da wurde das Thema Strafe schnell aktuell. Handlungen haben immer Konsequenzen meiner Meinung nach. Wenn eine Handlung unangebracht ist, darf keine angenehme Konsequenz darauf folgen. Im Schulhaus ist es generell üblich, dass Einträge für Fehlverhalten verteilt werden. Die Eintragsliste wirkt sich direkt auf das Zeugnis aus, sie ist ein eigentliches Protokoll für «Lern- und Arbeitsverhalten» und «Sozialverhalten». Hier ist es wichtig, im richtigen Moment konsequent, aber auch fair zu sein. Das ist die Sorte Strafe, die ich am häufigsten einsetze. Ich bin aber auch der Meinung, dass Strafen nicht bei allen Schülerinnen und Schülern gleichermassen angebracht sind. Trotzdem habe ich schon erlebt, dass Schülerinnen oder Schüler von sich selbst behaupten, sie lernten «es» nur durch Strafe. Daraus ergab sich ein weiteres Vorgehen, das ich gerne anwende: Ich frage den betroffenen Schüler oder die betroffene Schülerin in einem Gespräch nach ihrem Fehlverhalten und lasse sie eine Konsequenz finden, die ihnen «wehtut». Wenn angebracht, lasse ich sie eine schriftliche Abmachung unterschreiben, das schafft eine höhere Verbindlichkeit. In der kurzen Zeit, in der ich meine Klasse unterrichte, konnte ich noch keine längerfristigen Erfolge oder Misserfolge feststellen, obwohl ich schon einige «Projekte» am Laufen habe. Was mich aber beeindruckt, ist die Tatsache, dass das Thema Strafe Schülerinnen und Schüler mindestens so sehr beschäftigt wie uns Lehrpersonen und daher ständig präsent ist und es auch bleiben wird. Der Umgang damit sollte aber immer auf die Beteiligten abgestimmt sein.

Nicole Tschochner, 23, Kindergärtnerin, Limmat B Zürich.

Nicole Tschochner, 23, Kindergärtnerin, Limmat B Zürich.

Wenn Kinder Grenzen überschreiten, empfinde ich es als richtig, sie mit einem «Time out» zu sanktionieren. Bevor ich Kinder im Kindergarten aber mit einer Auszeit bestrafe, erhalten sie eine Verwarnung, was bei vielen schon Wirkung zeigt. Bei der Ermahnung teile ich die Zeitdauer des «Raussitzens aus dem Kreis» mit, damit zeige ich dem Kind die Konsequenz eines wiederholten Grenzübertritts transparent auf. In einigen Situationen, bei denen die Sicherheit der Kinder gefährdet ist (z.B. im Geräteraum herumturnen), folgt sogleich eine Strafe ohne Vorwarnung. Die Kinder müssen als Folge ihres Handelns erklären, weshalb sie nun eine Auszeit erhalten. In meiner Klasse ist der Einsatz von Auszeiten sehr hilfreich, das erwünschte Verhalten wird nicht nur von diesem einen Kind erlernt, die Konsequenzen setzen auch Zeichen für die anderen Kinder der Klasse.

Sandra Lichtsteiner, 37, Kooperationsschulleiterin

Sandra Lichtsteiner, 37, Kooperationsschulleiterin, Wettswil a.A.

Strafe – was für ein negatives und belastendes Wort. Bei mir in der Schule? Kaum. Oder doch? Konsequenzen gibt es bei mir. Verstösst jemand gegen Regeln, dann hat das Konsequenzen. Diese werden nicht willkürlich im Sinne einer Strafe auferlegt, sie sind entweder schon bekannt oder wir überlegen sie uns gemeinsam. Hausaufgaben nicht erledigt zu haben, verstösst gegen eine Regel und dies hat eine Konsequenz: Es gibt einen Eintrag. Nach acht Einträgen hat dies Auswirkungen mit einem Kreuzchen im Zeugnis. Wer auf dem Pausenplatz handgreiflich wird, verstösst gegen die Regeln des Zusammenlebens und verdient eine Konsequenz: Es gibt ein Gespräch mit den Beteiligten, allenfalls werden die Eltern oder die Schulleitung eingeschaltet und es werden Massnahmen besprochen. Sind diese Konsequenzen Strafen? Eine Frage der Auslegung, denn sie entlasten je nachdem alle Beteiligten. So sind Konsequenzen allenfalls Strafen, aber sie sind transparent und klar kommuniziert, ja sogar verhandelbar.