«Guter Unterricht passt sich dem Lernstand der Kinder an»

Peter Sieber, Dozent im Fachbereich Deutsch und DaZ an der PH Zürich.

Peter Sieber, Dozent im Fachbereich Deutsch und DaZ an der PH Zürich.

Peter Sieber, Dozent im Fachbereich Deutsch und Deutsch als Zweitsprache, Titularprofessor Universität Zürich

Akzente: Seit letztem Herbst läuft an der PH Zürich der erste Master-Studiengang «Fachdidaktik Schulsprache Deutsch». Was waren die Gründe für die Entwicklung dieses Studiengangs?
Sieber: Das fachdidaktische Wissen hat in den vergangenen Jahren einen hohen Stellenwert erhalten. Die Gestaltung eines Deutschunterrichts, der die Sprachkompetenzen aller Kinder fördert, ist eine grosse Herausforderung. Um diese Anforderungen zu erfüllen, brauchen Lehrpersonen und Dozierenden an Pädagogischen Hochschulen eine gute Ausbildung. Bis anhin fehlten jedoch entsprechende Angebote. Die Masterstudiengänge sind ein Schritt in Richtung Institutionalisierung und Professionalisierung der Fachdidaktik, genauso, wie dies in anderen Bereichen wie beispielsweise in «Bildung und Erziehung» vor längerer Zeit auch geschehen ist. In anderen Ländern wie Deutschland oder Österreich wurde dieser Entwicklungsschritt viel früher gemacht. Dort hat sich die Fachdidaktik schon lange etabliert. Zur Gewährleistung der Anschlussfähigkeit müssen wir hier mitziehen.

Akzente: Sie haben die Sprachförderung angesprochen: Was macht einen guten fachdidaktischen Deutsch-Unterricht aus?
Sieber: Ein guter Unterricht ist angepasst an den Lernstand der Schülerinnen und Schüler. Im Bereich Schreiben beispielsweise sind Kenntnisse über die Schreibkompetenzen der Schülerinnen und Schüler Voraussetzung für die Erarbeitung sinnvoller Aufgaben zur Erweiterung des Wissens und des Repertoires. Es macht keinen Sinn, sich mit Satzkonstruktionen auseinanderzusetzen, wenn grundsätzliche Wortschatzdefizite bestehen. Neben dem sprachlichen Fachwissen sind dazu Kenntnisse über die Vermittlung wichtig. Darüber weiss man heute aufgrund verschiedener Forschungen viel mehr als noch vor einigen Jahren.

Akzente: Wen sprechen Sie mit dem Studiengang an?
Sieber: Wir möchten mit dem Angebot Personen erreichen mit einem spezifischen Interesse an Schulsprache Deutsch, insbesondere auch Lehrpersonen. Voraussetzung für die Zulassung ist ein Abschluss auf Stufe Bachelor und der Nachweis von 60 Kreditpunkten in Germanistik. Die Zulassung kann auch mit entsprechenden Nachleistungen erlangt werden. Durchgeführt wird der Studiengang gemeinsam mit der Universität Zürich. Aktuell absolvieren 12 Studierende die Ausbildung.

Akzente: Wie profitieren Absolventinnen und Absolventen von der Ausbildung?
Sieber: Das Hauptberufsfeld ist der fachdidaktische Unterricht an Pädagogischen Hochschulen und die Forschung. Der Studiengang ist in erster Linie eine Massnahme zur Förderung des Nachwuchses an Pädagogischen Hochschulen. Der Abschluss eröffnet folglich interessante Berufsperspektiven insbesondere an PH.

Akzente: Wie gelangt das Wissen anschliessend in die Schule?
Sieber: Die Absolventinnen und Absolventen transferieren das Wissen über die Studierenden und die Lehrpersonen in Weiterbildungen in die Volksschule. Das Hauptaugenmerk der Fachdidaktik liegt klar auf der Organisation des Unterrichts in der Schule. Primäres Ziel ist, dass die Kinder profitieren. Die entsprechenden Kompetenzen zur Entwicklung eines fördernden Deutschunterrichts erlangen die Lehrpersonen in der Aus- und Weiterbildung an den Pädagogischen Hochschulen. Deshalb sind wir auf gut ausgebildete Dozierende angewiesen.

Akzente: Welche Rolle kommt der fachdidaktischen Forschung zu?
Sieber: Die Forschung hat eine zentrale Funktion. Sie liefert Erkenntnisse zur Weiterentwicklung des Unterrichts. Dabei wird eng mit dem Schulfeld zusammengearbeitet und entsprechende Resultate in der Praxis überprüft. Haben sich forschungsbasierte Erkenntnisse bewährt, fliessen sie in Lehrmittel und Unterrichtsmaterialien ein.

Akzente: Im fachdidaktischen Teil der Ausbildung setzen Sie einen Schwerpunkt im Sieber: Bereich «mehrsprachige Lebens- und Unterrichtsrealitäten». Was sind die Gründe dafür?
Der Sprachunterricht muss der sprachlichen Situation der Schülerinnen und Schüler angepasst sein. Mehrsprachigkeit ist in diesem Zusammenhang von einiger Bedeutung. Die Deutsch-Fachdidaktik hat sich zu lange als «Muttersprache»-Didaktik verstanden. Entsprechend war der Unterricht auf einsprachige Kinder und Jugendliche ausgerichtet. In der Realität sprechen viele Schülerinnen und Schüler mehrere Sprachen.

Akzente: Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei den neuen Medien.
Sieber: Ja, denn die Sprachkultur und das Sprachleben der Schülerinnen und Schüler sind heute massiv geprägt von elektronischen Medien und neuen Kommunikationskanälen. Davor darf sich der Deutschunterricht nicht verschliessen. Der Aufbau von Kompetenzen im Bereich der neuen Medien ist sehr wichtig. Mit den neuen Medien kann auch die Mündlichkeit verstärkt gefördert werden, sowohl beim Zuhören als auch beim Sprechen. Im Gegensatz zu den Fremdsprachen wurde dieser Bereich im Deutschunterricht lange vernachlässigt.

Akzente: Neben der Fachdidaktik besteht die Ausbildung aus weiteren Elementen. Welche sind das?
Sieber: Der Studiengang setzt sich zusammen aus einem fachdidaktischen und einem erziehungswissenschaftlichen Teil, einem berufspraktischen Element, einer fachwissenschaftlichen Spezialisierung sowie einer Masterarbeit. Insgesamt umfasst das Studium 90 Kreditpunkte. Die ganze Ausbildung dauert im Minimum vier Semester.

Nähere Informationen zu den Masterstudiengängen Fachdidaktik der PH Zürich:

http://www.phzh.ch/de/Ausbildung/Sekundarstufe_II-Berufsbildung/Fachdidaktik-Masterstudiengange